LG Würzburg: Keine proaktiven Löschungspflichten von Facebook für rechtswidrige Inhalte

Das Landgericht Würzburg hat am 07.03.2017 im Verfahren 11 O 2338/16 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Facebook zurückgewiesen.

Im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass das Internetportal Facebook weder Täter noch Teilnehmer der hier unstreitigen Verleumdungen sei. Damit liege weder ein „Behaupten“ noch ein „Verbreiten“ durch Facebook selbst vor. Facebook habe sich die streitgegenständlichen Inhalte auch nicht zu Eigen gemacht, da eine Veränderung des Inhalts jedenfalls nicht vorgenommen worden sei. Es handele sich somit um fremde Inhalte der Nutzer des Portals.

von Carl Christian Müller

Für fremde Inhalte sei Facebook als Host-Provider erst nach Meldung und Kenntnis gemäß § 10 Telemediengesetz verantwortlich. Die Kenntnis sei in vorliegendem Verfahren unstreitig. Streitig sei, in welchem Umfang der Host-Provider tätig werden müsse. Nach § 10 TMG müsse der Inhalt entweder entfernt oder der Zugang zu ihm gesperrt werden. Allerdings beschränke sich ein solcher Anspruch auf das Bundesgebiet.

Die Kammer vertrete die Ansicht, dass sich Facebook jedenfalls bei einer schweren Persönlichkeitsverletzung, wie hier durch Verleumdung geschehen, unter Umständen nicht darauf berufen könne, dass ihr der Verletzte jede einzelne Fundstelle nachweisen müsse, an der sich der beanstandete Inhalt weiterhin befinde. Dies könne für den Verletzten unter Abwägung der Interessen der Parteien unzumutbar sein.

Nach der E-Commerce Richtlinie der EU sei ein Host Provider zwar nicht zur „proaktiven Suche“ möglicher künftiger zu beanstandender Inhalte verpflichtet. Hier erscheine jedoch bei einer schweren Persönlichkeitsverletzung grundsätzlich ein erhöhter Suchaufwand gerechtfertigt. Der BGH habe allerdings eine solche Verpflichtung nur dann bejaht, wenn diese technisch ohne zu großen Aufwand realisierbar und damit zumutbar sei. Diese Frage sei zwischen den Parteien streitig und letztlich in einem Eilverfahren nicht aufklärbar. Diese Frage könne gegebenenfalls in einem möglichen Hauptsacheverfahren durch Sachverständigengutachten beantwortet werden.

Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung sei zudem nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass die gemeldeten Inhalte weiter in Deutschland von einem Durchschnittsnutzer abgerufen werden können.

Darüber hinaus bestehe keine Eilbedürftigkeit, welche für die beantragte einstweilige Verfügung notwendig sei. Die streitgegenständlichen Inhalte hätten bereits bis zur mündlichen Verhandlung, initiiert von den Prozessbevollmächtigten des Klägers, weltweite Verbreitung gefunden. Damit entfiele zwar ein Beseitigungsanspruch nicht, es sei aber andererseits nicht erkennbar, dass durch Weiterverbreitung der Inhalte dem Kläger ein weiterer Schaden drohe und ihm insoweit nicht zumutbar wäre, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann vom Kläger innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung des schriftlichen Urteils an den Klägervertreter mit dem Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht Bamberg angefochten werden.

Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Würzburg vom 07.03.2017

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