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AfD klagt erfolglos gegen Pressearbeit des Bundesverfassungsgerichtes

Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe hat mit einem Urteil vom 25.08.2022 eine Klage des Bundesverbands der Partei „Alternative für Deutschland“ gegen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) abgewiesen. Das BVerfG hatte vor Verkündung eines Urteils gegen die AfD eine Pressemitteilung mit Sperrfrist an einen Presse.Verein versandt. Die AfD sah in diesem Vorgehen eine Verletzung ihres Rechtes auf Gleichbehandlung im politischen Wettbewerb.

von Carl Christian Müller

VG Karlsruhe weist Klage als unzulässig ab

Verfassungsgericht versendet vor Urteilsverkündung Pressemitteilung

In dem Verfahren geht es der AfD darum, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Bekanntgabe einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zu einem von der AfD vor diesem Gericht geführten Organstreitverfahren bereits am Vorabend der Verkündung an die Mitglieder des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ verfassungsmäßige Rechte der Klägerin verletzt hat. Hintergrund bildet der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht den Mitgliedern des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ seine Presseerklärungen in anstehenden Entscheidungen in Papierform und mit Sperrfrist versehen bereits am Vorabend des Verkündungstermins zur Verfügung stellte, noch bevor die Beteiligten des Verfahrens selbst über dessen Ausgang informiert wurden. Hierin erblickt die AfD die Verletzung ihrer Rechte und eine unzulässige Verzerrung des politischen Wettbewerbs.

 

Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet

Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe wies die Klage ab. Hintergrund der Abweisung ist, dass teilweise schon der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet sei. Dies gelte für die Durchsetzung von Rechten, die in den Bereich der Tätigkeit des Bundesverfassungsgerichts als Rechtsprechungsorgan fielen, wie insbesondere des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Verwaltungsgerichte seien nicht berufen, die Entscheidungen höherer Gerichte auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Vielmehr seien die sogenannten Prozessgrundrechte, wozu das Recht auf ein faires Verfahren gehöre, innerhalb des zulässigen Rechtswegs zu verwirklichen. Dies sei für Organstreitverfahren der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht.

 

Politische Parteien können sich nicht auf Pressefreiheit berufen

Soweit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei, weil das Bundesverfassungsgericht durch die Veröffentlichung von Pressemitteilungen – vergleichbar mit einer Behörde – auch vollziehende Gewalt ausübe, sei die Klage unzulässig, weil der AfD die Klagebefugnis fehle. Klagebefugt sei nur, wer geltend machen könne, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die AfD könne sich aber nicht mit Erfolg auf die Verletzung der Presse- und Rundfunkfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz berufen, weil sie als politische Partei schon selbst kein Presseorgan sei. Sie stehe auch nicht in einem beruflichen Wettbewerb mit den in der Justizpressekonferenz zusammengeschlossenen Pressevertretern, weshalb eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz offensichtlich ausscheide.

 

Parteien haben kein Persönlichkeitsrecht

Darüber hinaus könne sich die AfD als politische Partei nicht auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen. Sie sei insoweit auch nicht berechtigt, das allgemeine Persönlichkeitsrecht ihrer Vertreter „stellvertretend“ geltend zu machen; die Vertreter der Partei könnten selbst Klage erheben. Ungeachtet dessen schütze das allgemeine Persönlichkeitsrecht ohnehin nur vor Äußerungen, die geeignet seien, sich abträglich auf das Bild der AfD in der Öffentlichkeit auszuwirken. Nicht dagegen reiche der Schutz dieses Grundrechts so weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verleihe, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sehe oder von anderen gesehen werden möchte. Das VG Karlsruhe habe außerdem nicht erkennen können, dass es zu einer medialen Darstellung der AfD gekommen wäre, die sich in ehrenrühriger Weise abträglich auf ihr Bild in der Öffentlichkeit ausgewirkt hätte.

 

Geschäftsordnung des BVerfG verleiht keine subjektiven Rechte

Grundsätzlich dürfen Pressemitteilungen des BVerfG erst nach Zustimmung des Bericht erstattenden Mitgliedes sowie des Vorsitzenden des Senates veröffentlicht werden. Dies gilt aber nur dann, wenn davon auszugehen ist, dass die Entscheidung den Prozessbeteiligten bereits zugegangen ist. Dies regelt § 32 Absatz 1 der Geschäftsordnung des BVerfG (GO-BVerfG). Soweit die AfD einen Verstoß gegen § 32 Absatz 1 der GO-BVerfG geltend gemacht habe, sei festzustellen, erklärte das VG Karlsruhe,  dass diese Vorschrift ihr kein einklagbares subjektives Recht verleihe. Vielmehr handelte es sich, worauf das VG Karlsruhe bereits in ihrer Eilentscheidung hingewiesen habe, um reines Binnenrecht, das einzig die Aufgabe habe, das regelgeleitete Funktionieren des Gerichts sicherzustellen.

 

AfD hat keinen Anspruch auf zeitgleiche Übermittlung der Pressemitteilung

Die Klage bleibe auch mit ihrem Hilfsantrag ohne Erfolg. Der Hilfsantrag, der auf die gerichtliche Feststellung ziele, dass das Bundesverfassungsgericht die verfassungsmäßigen Rechte der AfD dadurch verletzt habe, ihr nicht zeitgleich mit der entsprechenden Mitteilung an die Mitglieder des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ ebenfalls die Presseerklärung zu überlassen, sei ebenfalls unzulässig. Denn die AfD habe beim Bundesverfassungsgericht schon gar keinen Antrag auf Überlassung der Pressemitteilung vor Verkündung des Urteils in dem von ihr angestrengten Organstreitverfahren gestellt. Im Übrigen sei eine rechtliche Grundlage für den Anspruch auf gleichzeitige Überlassung der Pressemitteilung vor der Verkündung nicht ersichtlich und eine Verletzung der Grundrechte der AfD nicht dargelegt.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, hiergegen nach Zustellung des Urteils einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zu stellen.

Quelle: Pressemitteilungen des VG Karlsruhe vom 26. August und 13. September 2022

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