• Äußerungsrecht

Die Bezeichnung "frecher Jude" ist als Volksverhetzung strafbar

Ein 32-Jähriger veröffentlichte auf seiner Webseite im Sommer 2016 einen Artikel, in dem er den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde als "frechen Juden-Funktionär" betitelte. Das OLG hält eine Volksverhetzung für gegeben (Urteil vom 28. Januar 2020 - Az. III-3 RVs 1/20)

von Carl Christian Müller

OLG Hamm bestätigt Verurteilung in der Revision

 

Anreiz zur feindseligen Haltung durch Verwendung von "frecher Jude"

Die Verwendung des Begriffs des “frechen Juden“ stachelt zum Hass an, weil es sich um eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über die bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens handelt. Dies hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss entschieden.

 

AG Bielefeld: Sechs Monate wegen Volksverhetzung

Das Amtsgericht Bielefeld hat den Angeklagten Anfang 2018 wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Der Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 10. Oktober 2019 nicht stattgegeben. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er unter anderem geltend macht, seine Äußerung sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

 

Bezeichnung "Frecher Juden-Funktionär" fällt nicht unter die Meinungsfreiheit 

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit - so das OLG - gelte nicht vorbehaltlos und finde nach Artikel 5 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) unter anderem eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch § 130 des Strafgesetzbuches (StGB) gehöre. Der Angeklagte spreche von dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde als “der freche Juden-Funktionär“. Der Begriff des “frechen Juden“ gehöre zum charakteristischen Vokabular der Sprache des Nationalsozialismus. Ohne Zweifel handele es sich bei der Verwendung dieser Begrifflichkeit um eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, so dass diese Äußerung ein “Aufstacheln zum Hass“ im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstelle. Dass der einschlägig wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte die o. g. Begrifflichkeit in einem Zusammenhang mit nationalsozialistischer Rassenideologie genutzt habe, lasse nur darauf schließen, dass es ihm gerade auf den herabwürdigenden und an den Nationalsozialismus anknüpfenden Sprachgebrauch angekommen sei.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19. Februar 2020

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