• Wettbewerbsrecht

BGH: Dr. Oetker muss Kalorien von Müsli pro 100 Gramm angeben

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 07.04.2022 entschied, ist es nicht ausreichend, wenn Dr. Oetker die Kalorien seines Vitalis Knuspermüslis auf der Vorderseite pro Portion angibt (Az. I ZR 143/19). Der Lebensmittelhersteller ist dazu verpflichtet die Kalorien pro 100 Gramm nicht nur auf der rechten Verpackungsseite auszuweisen, sondern auch auf der Verpackungsfront. Der BGH stellte zudem klar, dass Dr. Oetker keine Aufbrauchfrist bis zur Umstellung der Produktion zu gewähren sei.

von Carl Christian Müller

Schokoladen Müsli

Verbraucherschützer klagen gegen Nahrungsmittelunternehmen

Kalorien pro Portionen als Wettbewerbsverstoß

Bislang hat der Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker sein Vitalis Schoko Knuspermüsli auf der rechten Verpackungsseite mit den Kalorienangaben für 100 Gramm sowie pro Portion gekennzeichnet. Auf der Vorderseite der Verpackung wurde lediglich auf die Kalorien pro Portion verwiesen. Für eine Portion legte Dr. Oetker 40 Gramm Müsli mit 60 Millilitern Milch zu Grunde. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sah in dieser Praxis einen Wettbewerbsverstoß und mahnte den Konzern ab. Aus Sicht der Verbraucherschützern ist eine Vergleichbarkeit des Brennwertes von Müslis ausschließlich dann gegeben, wenn alle Hersteller die Kalorien für 100 Gramm Frühstückscerealie präsent angeben oder zumindest eine andere vergleichbare Größe und nicht fiktive Portionsgrößen zugrunde legen. Als Dr. Oetker die Produktion nach erfolgter Abmahnung nicht umstellte, klagte die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht (LG) Bielefeld. Während das LG Bielefeld einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht in dem Vorgehen erkannte (Urteil vom 08.08.2018, Az. 3 O 80/18), gab das Oberlandesgericht (OLG) Hamm der Berufung durch den Lebensmittelkonzern statt (Urteil vom 13.06.2019, Az. I-4 U 130/18).

 

EuGH: Nähwertangaben für Portionen verstößt gegen EU-Lebensmittelrecht

Die Verbraucherschützer hatten mit ihrer Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Auch der BGH sah in der Kennzeichnungspraxis von Dr. Oetker einen Wettbewerbsverstoß. Vorab hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgrund der Vorlage durch den BGH entschieden, dass es mit der EU-Lebensmittelverordnung unvereinbar ist, die Nähwertangaben für fiktive Portionsgrößen auszuweisen (Ureil vom 11.11.2021, Az. C‑388/20). Durch die fehlende Angabe zu den Brennwerten von 100 Gramm auf der Vorderseite der Verpackung, enthält Dr. Oetker den Konsumenten wesentliche Informationen vor, begründete der BGH seine Entscheidung. Zudem entschied der BGH, dass dem Nahrungsmittelproduzenten keine Frist zu gewähren sei, um die Produktion umzustellen und bislang in den Verkauf ausgelieferte Produkte nicht zurückrufen zu müssen. Dazu erklärte das oberste Bundesgericht bestehe kein Anlass, denn Dr. Oetker habe seit dem Urteil des LG Bielefeld vom 08.08.2018 damit rechnen müssen, dass es die Produktkennzeichnung des Vitalis Knuspermüslis aktualisieren muss.

 

Fiktive Portionsgrößen sind gängige Praxis der Lebensmittelbranche

Wie der Verbraucherschutzverband erklärte, sei es immer wieder Praxis der Lebensmittelhersteller die hohe Kaloriendichte ihrer Produkte durch kleine Portionen zu "verschleiern". Unrealistische Portionsgrößen, wie 40 Gramm Müsli mit 60 Milliliter Milch, seien keine Seltenheit. Dennoch würde dies die Erwartungen der Verbraucher enttäuschen, sodass auf bekannte Bezugsgrößen wie 100 Gramm zurückzugreifen sei, erklärte der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

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