Das Bundeskartellamt hat bestimmte Regelungen der Online-Banking-Bedingungen der Deutschen Kreditwirtschaft für rechtswidrig erklärt. Die Behörde ist der Ansicht, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken den Wettbewerb der verschiedenen Anbieter von Bezahlverfahren im Internet beschränken und gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstoßen.
BKartA: Beschränkung von Online-Bezahldiensten durch die deutsche Kreditwirtschaft verstößt gegen das Kartellrecht
von Carl Christian Müller
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die Online-Banking-Bedingungen der Deutschen Kreditwirtschaft führen zu einer Behinderung von neuen und innovativen Dienstleistungsangeboten auf dem wachsenden Markt für Bezahlverfahren im Internethandel. Im Kern geht es darum, ob auch bankenunabhängige Bezahlverfahren PIN und TAN nutzen dürfen. Wir haben uns intensiv mit dem berechtigten Anliegen der Kreditwirtschaft auseinandergesetzt, dass Sicherheit im Online-Banking gewährleistet sein muss. Die derzeit verwendeten Regelungen lassen sich aber nicht als notwendigen Teil eines konsistenten Sicherheitskonzepts der Banken einstufen und behindern bankunabhängige Wettbewerber.“
Die Deutsche Kreditwirtschaft sowie die in ihr vereinten Verbände Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV) sowie Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) verwenden seit vielen Jahren gemeinsam abgestimmte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), zu denen auch die „Sonderbedingungen für das Online-Banking“ zählen. Die AGB werden in der Deutschen Kreditwirtschaft beschlossen und von den ihr angeschlossenen Spitzenverbänden gegenüber ihren Mitgliedern zur Nutzung empfohlen. Sie werden flächendeckend von den in Deutschland tätigen Kreditinstituten verwendet.
Die festgestellte Rechtswidrigkeit bezieht sich auf die in den „Sonderbedingungen für das Online-Banking“ dem Online-Banking-Kunden auferlegten Vorgaben beim Umgang mit den personalisierten Sicherheitsmerkmalen PIN (Persönliche Identifikationsnummer) und TAN (Transaktionsnummer). Demnach dürfen Online-Banking-Kunden im Internethandel im Rahmen der Nutzung bankenunabhängiger Bezahlverfahren ihre PIN und TAN nicht als Zugangsinstrumente bei Dritten, zu denen auch sogenannte Zahlungsauslösedienste gehören, eingeben.
Durch diese Regelung wurde und wird die Nutzung von bankenunabhängigen und innovativen Bezahlverfahren beim Einkauf im Internet erheblich behindert. Die Anbieter dieser Bezahlverfahren haben ein Dienstleistungsangebot entwickelt, das eine preisgünstigere Alternative zu den bereits am Markt etablierten Bezahlverfahren darstellt und ein Bedürfnis von Online-Kunden und Online-Händlern nach einer preiswerten und schnellen Zahlungsoption deckt.
Das Bundeskartellamt hat sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Klauseln beschränkt und auf Antrag der Beteiligten die sofortige Vollziehung ausgesetzt. Damit wird der Handlungsspielraum der Beteiligten bei der Umsetzung des Beschlusses und der Abstellung des beanstandeten Verhaltens nicht durch kartellbehördliche Vorgaben und enge Fristen eingeschränkt. Andererseits werden die klaren kartellrechtlichen Grenzen dieses Handlungsspielraums aufgezeigt. Die parallel anhängigen und zwischenzeitlich zum Teil ausgesetzten Zivilverfahren sowie die Überlegungen zu einer gesetzlichen Neuregelung dieses Bereichs werden durch die ausführliche Begründung der Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes auf der Grundlage eines im Wege der Amtsermittlung aufgeklärten Sachverhalts befördert.
Hintergrund:
Die Regelungen für die Tätigkeit von bankenunabhängigen Bezahlverfahren unterliegen aktuell einem europäischen Gesetzgebungsprozess: Die für diesen Bereich relevante europäische Zahlungsdiensterichtlinie (PSD) wurde 2015 novelliert und ist bis Anfang 2018 in nationales Recht umzusetzen. Mit dieser Umsetzung wird ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen, in dem Zahlungsauslösedienste einer staatlichen Aufsicht unterliegen und einheitliche technische Regulierungsstandards bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen einhalten müssen.
Quelle: Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 05.07.2016