• Informationsfreiheitsrecht

Bundesamt für Verfassungsschutz muss keine Akteneinsicht gewähren

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) muss dem Brandenburger Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz (vormals AfD) keine Unterlagen überlassen und keine weitergehenden Auskünfte erteilen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln am 19.05.2022 entschieden und damit zwei Klagen des Politikers abgewiesen (Az. 13 K 3190/20 und 13 K 3205/21).

von Carl Christian Müller

Aktenstapel vor Bücherschrank

VG Köln: Andreas Kalbitz unterliegt gegen Bundesamt für Verfassungsschutz

Verfassungsschutz stuft sog. Flügel als rechtsextrem ein

Andreas Kalbitz ist Abgeordneter im brandenburgischen Landtag. Er war bis Mai 2020 Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD) und gehörte zu den Gründern des sog. Flügels. Im Januar 2019 gab das BfV bekannt, dass die AfD auf Grundlage eines ersten Gutachtens als Prüffall bearbeitet werde und der Flügel als Verdachtsfall eingestuft worden sei. Am 12.03.2020 erstellte das BfV ein zweites Gutachten zur Einstufung des Flügels als erwiesen extremistische Bestrebung, in dem der Kläger namentlich erwähnt wurde. Der SPIEGEL berichtete einen Tag später, dass ihm dieses Gutachten vorliege.

 

Kalbitz fordert Übersendung der Unterlagen

Ende März 2020 wandte sich der Kläger an das BfV und beantragte die Übersendung der über ihn geführten Personenakte, die Überlassung des Gutachtens vom 12.03.2020, die Übersendung der Nachweise über seine angeblichen Kontakte zur „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ), die Übersendung der Mitgliederliste der HDJ, auf der er angeblich unter der Mitgliedsnummer 01330 geführt werde, sowie Auskunft zu den über ihn gespeicherten Daten. In einem ersten Bescheid lehnte das BfV den Antrag auf Überlassung des Gutachtens vom 12.03.2020 ab. Zur Begründung führte es aus, dass das Gutachten als Verschlusssache nicht an Dritte weitergegeben werden dürfe. In einem zweiten Bescheid lehnte das BfV auch die Anträge auf Übersendung der Personenakte und der Nachweise zum HDJ-Komplex ab, erteilte dem Kläger hierzu aber Auskunft. Daneben erteilte es umfangreich Auskunft über bestimmte, zur Person des Klägers gespeicherte Daten. Mit den zwei Klagen verfolgte der Kläger seine Anträge weiter, insbesondere die Übersendung der geforderten Unterlagen.

 

VG Köln: Auskunftserteilung des Verfassungsschutzes ist ausreichend

Das VG Köln hat die Klagen abgewiesen. Sie seien unzulässig, soweit das BfV dem Kläger bereits Auskünfte hinsichtlich der zu seiner Person gespeicherten Daten, der HDJ-Kontakte und der HDJ-Mitgliederliste erteilt habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen über die bereits erteilte Auskunft hinausgehenden Anspruch auf Überlassung der geforderten Unterlagen. § 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes begründe einen Auskunftsanspruch, wobei es grundsätzlich ausreiche, wenn das BfV den Inhalt der gespeicherten Daten zusammenfasse und in eigenen Worten wiedergebe. Einen Anspruch auf Akteneinsicht begründe das Gesetz hingegen nicht. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Interesse des Klägers an der Überlassung der Unterlagen – auch mit Blick auf seine politische Tätigkeit – hinter dem Geheimhaltungsinteresse des BfV zurückstehe. So würde etwa durch die Herausgabe einer Personenakte die Informationsbeschaffung und -verwendung des BfV offengelegt und damit seine Aufgabenerfüllung gefährdet. Dass das Gutachten vom 12.03.2012 dem SPIEGEL vorliege, begründe ebenfalls keinen Anspruch auf Überlassung. Die Einstufung als Verschlusssache werde dadurch nicht aufgehoben, zumal das BfV die Weitergabe nicht gebilligt habe. Soweit das BfV dem Kläger im Rahmen der erteilten Auskunft „eine weitere Information“ versagt habe, sei dies ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Das BfV habe den Versagungsgrund plausibel damit begründet, dass im konkreten Fall bereits die Art der Information Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Informationsgewinnung des BfV, insbesondere auf die Quelle der Information, zulasse. Auch sonst habe der Kläger keinen weitergehenden Auskunftsanspruch. Das BfV habe nachvollziehbar dargelegt, dass eine Auskunft – ohne nähere Eingrenzung seitens des Klägers – mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, da eine Vielzahl potentiell den Kläger betreffender Dokumente gesichtet werden müsste.

Gegen die Urteile können die Beteiligten Berufung einlegen, soweit sie im Verfahren mit dem Az. 13 K 3205/21 teilweise zugelassen wurde, im Übrigen können die Beteiligten in beiden Verfahren einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen. Über beide Rechtsmittel würde das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.

 

Quelle: Pressemitteilung des VG Köln vom 19. Mai 2022

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