Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Corona-Konferenzen herausgeben
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Das Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemie herausgeben. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin mit Urteil vom 30.06. 2022 entschieden (Az. VG 2 K 155/21). Wie das VG Berlin ausführte, hat das Bundeskanzleramt nicht überzeugend dargelegt, weshalb es den Zugang verwehrte.
Ab März 2020 fanden im Bundeskanzleramt Bund-Länder-Konferenzen statt, um die Corona-Pandemie zu bewältigen. Der Kläger beantragte im Dezember 2020 beim Bundeskanzleramt unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz, ihm Zugang zu den Kurzprotokollen der Konferenzen zu gewähren. Das Bundeskanzleramt lehnte dies mit der Begründung ab, einer Herausgabe stehe der Schutz von behördlichen Beratungen und des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegen. Eine Veröffentlichung könne einen künftigen freien und offenen Meinungsaustausch beeinträchtigen. Eine entsprechende Berichterstattung bringe eine neue und ungewollte Dynamik in die weiteren Beratungen zur Pandemiebekämpfung.
Das VG Berlin hat das Bundeskanzleramt verpflichtet, dem Kläger Zugang zu den Kurzprotokollen zu gewähren. Die Bund-Länder-Konferenzen seien zwar als „Beratungen von Behörden“ von § 3 Nr. 3b des Informationsfreiheitsgesetzes erfasst. Geschützt sei jedoch nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher, nicht die Ergebnisse und Grundlagen der Entscheidung. Die Beklagte habe nicht dargelegt, welche Passagen welcher Kurzprotokolle den Vorgang der Willensbildung und Abwägung abbildeten. Zudem sei eine konkrete Gefährdung des Beratungsverlaufs oder künftiger Beratungen nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Verweis der Beklagten auf die andauernde Pandemielage und die Möglichkeit erneuter Bund-Länder-Konferenzen begründe keinen Dauer-Beratungsprozess. Selbst wenn im Jahr 2020 die einzelnen Beratungen aufeinander aufgebaut haben sollten, sei jedenfalls durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine Änderung der Lage eingetreten und das Format eingestellt worden. Für künftige Beratungen sei eine Beeinträchtigung nur pauschal geltend gemacht worden, ohne etwa die veränderten Umstände (z.B. Impffortschritt) zu berücksichtigen. Zudem sei durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine rechtliche Zäsur dergestalt eingetreten, dass Beratungen vor allem auch im Deutschen Bundestag stattfinden müssten.
Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.
Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin vom 30. Juni 2022
Rechtsanwalt Carl Christian Müller
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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