Die Bundesregierung hat am 3. September 2025 wichtige Neuerungen zum Verbraucherschutz auf den Weg gebracht: Werbung mit Umweltaussagen wie „klimaneutral“, „umweltfreundlich“ oder „biologisch abbaubar“ unterliegt künftig besonders strengen Nachweispflichten. Auch manipulative Designs in Online-Verträgen für Finanzdienstleistungen sollen wirkungsvoller unterbunden werden.
Bundesregierung beschließt strengere Regeln für Umweltwerbung und Online-Finanzdienstleistungen
von Olivia Wykretowicz

Klare Nachweispflichten für Umweltaussagen
Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sieht zum einen vor, dass Werbeaussagen zu Umweltfreundlichkeit oder Nachhaltigkeit künftig nur noch dann verwendet werden dürfen, wenn sie durch prüfbare Fakten belegt sind. Hersteller und Händlern ist es untersagt, solche Aussagen pauschal auf das gesamte Produkt zu beziehen, wenn sie tatsächlich nur Teilaspekte betreffen. Zukunftsversprechen wie „bis 2030 sind alle unsere Verpackungen recyclingfähig“ sind nur noch mit einem öffentlich einsehbaren, realistischen Umsetzungsplan zulässig. Ziel ist es, Verbraucher vor unklaren und irreführenden „Greenwashing“-Werbekampagnen zu bewahren und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen zu sichern.
Verbot für Zertifikate-basierte „Klimaneutral“-Werbung
Werbung mit Aussagen wie „klimaneutral“ ist künftig untersagt, wenn die vermeintliche Neutralität lediglich durch den Erwerb von CO₂-Zertifikaten erzeugt wird – ein besonders wichtiger Schritt gegen Greenwashing bei der Klimawerbung. Nachhaltigkeitssiegel müssen künftig staatlich anerkannt sein oder auf unabhängigen, überprüfbaren Zertifizierungssystemen beruhen. Selbstzertifizierungen allein genügen nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben.
Werbeverbot für Produkte mit geplanter kurzer Haltbarkeit
Unternehmen dürfen Produkte, deren Haltbarkeit bewusst begrenzt wurde, nicht mehr bewerben, sobald ihnen dies bekannt ist. Betroffen sind besonders Verkäufer und Händler von Elektrogeräten, für die nachweislich Bauteile mit absichtlich reduzierter Lebensdauer genutzt wurden, um häufigeren Neukauf zu erzwingen. Diese Maßnahme stärkt den Schutz der Verbraucher vor „geplanter Obsoleszenz“.
Manipulative Online-Designs bei Finanzdienstleistungsverträgen verboten
Außerdem untersagt der Gesetzentwurf Anbietern, im Online-Prozess zur Auswahl bestimmter Finanzdienstleistungsoptionen eine für sie vorteilhafte Entscheidung grafisch oder technisch hervorzuheben, etwa durch einen übergroßen „Zustimmen“-Button oder besonders mühsame Klickpfade für ablehnende Optionen. Dies soll den Schutz vor sogenannten „Dark Patterns“ und manipulativen Nutzerführungen stärken und einen fairen Vertragsabschluss gewährleisten.
Übergangsfrist und EU-weit harmonisierte Vorgaben
Unternehmen bleibt eine Übergangsfrist bis Ende September 2026, um Verpackungen, Internetauftritte und Werbekampagnen rechtskonform anzupassen. Die Neuregelungen setzen zwei aktuelle EU-Richtlinien (zur ökologischen Transparenz und zum Schutz vor unlauteren Praktiken im Fernabsatz) 1:1 um und werden das Wettbewerbsrecht in Deutschland und Europa transparenter und fairer machen.
Jüngste Rechtsprechung als Anlass zu den neuen Vorgaben?
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt zur Apple Watch und „CO2-neutral“-Werbung, über das wir am 27.08. berichteten, ist nicht offiziell der direkte Auslöser für die jüngste Gesetzesinitiative der Bundesregierung zu strengeren Vorgaben für Umweltaussagen; der aktuelle Gesetzentwurf basiert auf der Umsetzung zweier EU-Richtlinien, die einen besseren Schutz vor Greenwashing und manipulativen Praktiken vorschreiben. Allerdings steht das Urteil exemplarisch für die wachsenden rechtlichen und gesellschaftlichen Diskussionen um irreführende Umweltwerbung und zeigt deutlich den Handlungsbedarf, den die Richtlinien auch adressieren sollen.
Das Urteil des LG Frankfurt hat mithin die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt und den Bedarf für eine gesetzliche Klarstellung verstärkt, es war jedoch rechtlich nicht allein Auslöser, sondern Teil einer breiteren Entwicklung aus Rechtsprechung, Verbraucherverbänden und EU-Gesetzgebung.
Ob Verbraucher:in oder Unternehmen, wir stehen Ihnen bei Fragen zum Wettbewerbsrecht und zu Greenwashing zur Seite.