Bundesverfassungsgericht: Kein Prozessaussetzung wegen Corona-Krise

Das Bundesverfassungsgericht hat soeben den Eilantrag zweier Münchner Strafverteidiger abgewiesen, mit dem diese die Aussetzung von Strafprozessen wegen der Corona-Pandemie erreichen wollten.

von Carl Christian Müller

Eilantrag von Strafverteidigern abgelehnt

Der Eilantrag war erst am Donnerstag eingereicht worden. Der Münchner Rechtsanwalt Adam Ahmed und dessen Sozius Andreas Ruch hatten damit den Stopp zweier Strafprozesse in München erzwingen wollen, die trotz der Ausbreitung des Coronavirus noch laufen. Es gebe bereits konkrete Verdachtsfälle von Covid-19-Erkrankungen bei Richtern, Staatsanwälten und weiteren Justizpersonen sowie in Justizvollzugsanstalten, begründeten die Anwälte ihre Beschwerde. Das weitere Argument: Im Münchner Justizgebäude befänden sich mindestens tausend Personen, zähle man alle sich dort aufhaltenden Personen zusammen. Das Gesundheitsministerium habe aber bis einschließlich 19. April Veranstaltungen in dieser Größenordnung untersagt.

 

Instanzenweg nicht ausgeschöpft

Die Richter vom Bundesverfassungsgericht zeigten sich von der Argumention nicht überzeugt. Der Instanzenzug sei nicht ausgeschöpft - mit anderen Worte: Die Anwälte hätten sich an ein anderes Gericht wenden müssen. Außerdem lasse der Antrag eine argumentative Auseinandersetzung mit der Ursprungsentscheidung des Strafgerichtes vermissen.

Ein einheitlicher Strafprozess darf maximal 3 Wochen unterbrochen werden. Erkrankt ein Richter, Schöffe oder der Angeklagte in einem laufenden Prozess, sieht die Strafprozessordnung vor, dass bis zu 6 Wochen auf dessen Gesundung gewartet werden kann, ohne dass das Verfahren ausgesetzt werden muss. Wird ein laufender Strafprozess für einen längeren Zeitraum unterbrochen, so wird das Verfahren ausgesetzt mit der Folge, dass der Prozess neu begonnen werden muss.

 

Funktionsfähigkeit der Justiz in der Corona-Krise

Das Bundesjustizministerium arbeitet nun an einer Regelung, die es Gerichten gestattet, laufende Strafprozesse länger als bisher zulässig zu unterbrechen. Die Pause soll maximal drei Monate und zehn Tage dauern dürfen. Die Entscheidung, ob die Aussetzung einer Verhandlung angebracht ist, soll jedes Gericht unabhängig treffen.

Der Deutsche Richterbund (DRB) will den Zugang zu den Gerichten "auf das absolut notwendige Minimum" herunterfahren. Da die Justiz "als tragende Säule des Staates systemrelevant sei, würden aber auch weiterhin "eilbedürftige Entscheidungen" getroffen, so der DRB. 

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