Die Europäische Kommission hat ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Google eingeleitet. Im Mittelpunkt steht der Verdacht, dass der Konzern seine Künstliche Intelligenz (KI) mit urheberrechtlich geschützten Inhalten Dritter trainiert hat, ohne dafür eine angemessene Vergütung zu leisten.
- KI Recht
EU leitet Wettbewerbsverfahren gegen Google wegen KI-Datennutzung ein
von Olivia Wykretowicz
Konkret richtet sich der Vorwurf gegen die neue KI-Übersicht „AI Overview“, die seit einigen Monaten bei vielen Suchanfragen ganz oben in den Google-Ergebnissen erscheint. Diese automatisch erzeugten Zusammenfassungen basieren auf frei verfügbaren Inhalten, etwa von Nachrichtenseiten oder Plattformen wie Wikipedia. Nach Angaben der EU-Kommission könnte Google darüber hinaus auch Inhalte von YouTube in das Training seiner KI-Modelle einbezogen haben.
Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohen dem Konzern erhebliche Bußgelder wegen möglicher Verstöße gegen das europäische Wettbewerbsrecht. Die Kommission prüft insbesondere, ob Google seine Marktmacht missbraucht, indem das Unternehmen ohne angemessene Kompensation auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zugreift.
Das Verfahren fügt sich in eine Reihe größerer europäischer Untersuchungen ein, die derzeit den rechtlichen Rahmen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und datenbasierten Plattformdiensten neu abstecken. Insbesondere Datenschutz-, Urheber- und Wettbewerbsrecht geraten dabei zunehmend in Wechselwirkung: Wo enden legitime Innovationsinteressen, und wo beginnt der unzulässige Eingriff in fremde Rechte?
Unsere Analyse zu Googles KI-Praktiken
Unsere Kanzlei befasst sich seit längerem mit genau diesen Fragen. Bereits im Sommer hatten wir auf die weitreichenden Folgen von Googles AI Overviews hingewiesen. In dem Gastbeitrag für LTO "Warum Google keine Links mehr braucht" haben Carl Christian Müller und Tori Gleisinger analysiert, wie Google mit den automatisch generierten Antwortkästen die Sichtbarkeit originärer Inhalte verändert – und welche urheber-, wettbewerbs- und medienrechtlichen Risiken sich daraus ergeben. Die jetzt eingeleiteten Ermittlungen der EU-Kommission greifen genau diese Punkte auf: den Zugriff auf geschützte Inhalte, die strukturelle Benachteiligung von Inhalteanbietern und die Intransparenz der zugrunde liegenden KI-Systeme.
Dass Brüssel nun ein förmliches Verfahren eröffnet hat, zeigt: Die regulatorischen Fragen rund um KI-gestützte Suchfunktionen sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern betreffen die Informationsordnung im Internet schon heute. Wir begleiten diese Entwicklungen fortlaufend.
Außerdem haben wir uns erst vor wenigen Wochen in einem Beitrag für LTO "Google weiß jetzt, wie du denkst" intensiv mit dem neuen AI Mode von Google auseinandergesetzt: einem System, das Suchanfragen nicht mehr über klassische Linklisten, sondern in dialogischer Form durch KI beantwortet. Auch dieser Ansatz verändert die Rolle der Suchmaschine grundlegend und wirft erhebliche datenschutzrechtliche und regulatorische Fragen auf.