Die EU-Kommission hat gegen die von Elon Musk betriebene Plattform X (ehemals Twitter) eine Geldbuße von 120 Millionen Euro verhängt. Es ist die erste Strafe auf Grundlage des Digital Services Act (DSA), dem neuen europäischen Regelwerk für große Online-Plattformen.
EU verhängt erstmals DSA-Strafe: 120 Millionen Euro gegen X
von Olivia Wykretowicz
Was der EU zur Last liegt
Die Kommission sieht gleich mehrere Verstöße:
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Irreführende Verifizierung: Der bekannte blaue Haken suggeriere weiterhin eine geprüfte Identität, obwohl er seit Musks Übernahme auch durch ein kostenpflichtiges Abo erhältlich ist.
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Vorenthalten von Forschungsdaten: X habe Wissenschaftlern keinen angemessenen Zugang zu Daten gewährt, obwohl dieser für unabhängige Analysen – etwa zu Desinformation – vorgesehen ist.
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Mangelnde Werbetransparenz: Geschaltete Anzeigen seien nicht ausreichend dokumentiert, obwohl Plattformen ein öffentlich einsehbares Werbearchiv führen müssen.
Die Strafe setzt sich aus drei Teilbeträgen (45 Mio. €, 40 Mio. €, 35 Mio. €) zusammen. Maßgeblich war nach Angaben der EU die Schwere der Verstöße, nicht der Jahresumsatz des Unternehmens.
Politische Spannung zwischen EU und USA
Bereits im Vorfeld kam Kritik aus Washington. Vertreter der US-Regierung warfen der EU vor, amerikanische Unternehmen anzugreifen und die Meinungsfreiheit zu gefährden. Die Entscheidung dürfte die transatlantische Digitalpolitik weiter belasten.
Wie reagiert X?
Musk kommentierte die Vorwürfe zuletzt mit Ironie und stellte das EU-Verfahren öffentlich infrage. Das Unternehmen kann Rechtsmittel einlegen. Möglich wäre ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Zunächst hat X 60 Werktage, um geplante Anpassungen mitzuteilen.
Bedeutung des Falls
Der DSA verpflichtet große Plattformen seit Februar 2024 zu strengen Transparenz- und Sicherheitsstandards. Dazu gehören:
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nachvollziehbare Werbepraktiken,
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effektive Maßnahmen gegen illegale Inhalte,
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klare Regeln beim Umgang mit Nutzer- und Forschungsdaten,
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Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Bei Verstößen drohen sogar bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes. Behörden können außerdem tägliche Strafzahlungen verhängen.
Die Entscheidung gegen X zeigt, dass die EU diese Befugnisse nun konsequent nutzt. Weitere Verfahren gegen die Plattform, insbesondere zu Desinformation und illegalen Inhalten, laufen bereits.
Tiktok-Verfahren eingestellt
Parallel stellte die EU ein Verfahren gegen Tiktok ein. Die Plattform habe verbindliche Schritte zur Verbesserung ihres Werbe-Archivs zugesagt. Andere Untersuchungen, etwa zu Kinder- und Jugendschutz, bleiben jedoch anhängig.
Hatespeech und digitale Angriffe: Wie wir Sie außerhalb der DSA-Meldepflichten unterstützen
Die Entscheidung gegen X zeigt, wie ernst die EU Verstöße gegen Transparenz- und Sicherheitsstandards nimmt. Gleichzeitig gilt: Bei Hatespeech, Diffamierungen oder der Veröffentlichung persönlicher Daten greifen die Meldepflichten des DSA nur eingeschränkt, denn sie betreffen nur besonders schwere Straftaten. Übliche Online-Angriffe wie Beleidigung, üble Nachrede oder unbefugte Bildveröffentlichungen fallen nicht darunter. Betroffene müssen ihre Rechte daher oft selbst durchsetzen.
Dabei unterstützen wir: Unsere Kanzlei bringt umfassende Erfahrung im Umgang mit digitaler Hetze und den Anforderungen des DSA mit und hilft Gewerkschaften, Unternehmen, Behörden und Einzelpersonen dabei, rechtswidrige Inhalte zu melden, Beweise zu sichern und wirksame Schritte gegenüber großen Plattformen einzuleiten.