Der deutsche Karl-May-Verlag ist seit 2003 Inhaber der Gemeinschaftswortmarke WINNETOU, u. a. für Filme, Druckereierzeugnisse, Schmuck, Parfüms, Kosmetikartikel, Lederwaren, Haushaltsartikel, Kleidung, Spiele, Lebensmittel, Veranstaltungen, Feriencamps, den Transport von Personen sowie die Verpflegung und Beherbergung von Gästen.
Auf Antrag der deutschen Constantin Film Produktion GmbH ordnete das Markenamt der Union (HABM) im Jahr 2013 die Löschung der Marke an, außer für „Drucklettern“ und „Druckstöcke“. Hinsichtlich der anderen Waren und Dienstleistungen war das Markenamt unter Bezugnahme auf Winnetou, den fiktiven, edelmütigen und guten Indianerhäuptling, der die Hauptfigur einer Romanreihe des deutschen Schriftstellers Karl May sowie der Protagonist in Filmen, Theater- oder Radioaufführungen ist, der Ansicht, dass dieses Zeichen zugleich beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft aufweise, so dass es nicht als Marke geschützt und dadurch monopolisiert werden könne.
Mit seinem heutigen Urteil gibt das Gericht der Klage des Karl-May-Verlags gegen die Entscheidung des Markenamts statt und hebt diese auf.
Nach Auffassung des Gerichts hat das Markenamt gegen die für die Gemeinschaftsmarken geltenden Grundsätze der Autonomie und Unabhängigkeit verstoßen.
Anstatt eigenständig zu beurteilen, ob das Zeichen Winnetou für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibenden Charakter aufweist, hat das Markenamt nämlich die Entscheidungen der deutschen Gerichte, wonach dieser Begriff beschreibend sei und daher nicht als Marke geschützt werden könne, als zwingend angesehen. Dieser Fehler ist dem Markenamt auch unterlaufen, als es auf der Grundlage der Beurteilungen hinsichtlich des beschreibenden Charakters zu dem Schluss gelangte, dass keine Unterscheidungskraft vorliege.
Das Gericht stellt des Weiteren fest, dass das Markenamt seine Entscheidung nicht ausreichend begründet hat.
Insbesondere hat das Markenamt nicht ausreichend dargetan, warum das Zeichen Winnetou – über seine konkrete Bedeutung als Bezeichnung einer fiktiven Figur hinaus – dahin wahrgenommen werden soll, dass es sich ganz allgemein auf die Begriffe „Indianer“ und „Indianerhäuptling“ bezieht.
Zudem ist die Begründung des beschreibenden Charakters hinsichtlich der Waren, die vom Markenamt unter der Kategorie „Merchandising“-Produkte zusammengefasst worden sind, äußerst allgemein und abstrakt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Waren eine homogene Kategorie darstellen; außerdem hat sich das Markenamt auf die Aussage beschränkt, dass das Zeichen Winnetou für diese Waren beschreibe, dass es sich um mit den Filmen oder der Romanfigur in Zusammenhang stehende Waren handele, bei denen der Verbraucher davon ausgehe, dass es sich lediglich um „Winnetou“-Werbeprodukte handele, ohne auf die Herkunft der
Waren zu schließen. Mithin fehlt es an einer spezifischen Untersuchung hinsichtlich der Natur und der Merkmale der in Rede stehenden Waren.
Da das Gericht mit seinem heutigen Urteil die Entscheidung des Markenamts aufgehoben hat, muss dieses nun unter Berücksichtigung der Urteilsbegründung des Gerichts erneut über den von Constantin Film gestellten Antrag auf Nichtigerklärung der Marke entscheiden.
Quelle: Pressemitteilung des Gerichtes der Europäischen Union vom 18.03.2016