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EuGH klärt Rechte bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen: Schnelles Handeln schützt Ihren Erstattungsanspruch

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 1. August 2025 (C-665/23 – IL / Veracash SAS) zentrale Fragen rund um den Schutz bei Kreditkartenbetrug und anderen unautorisierten Zahlungsvorgängen entschieden. Für Banken, Zahlungsdienstleister und weitere Betroffene bedeutet dies mehr Rechtssicherheit, aber auch erhöhte Eigenverantwortung.

von Olivia Wykretowicz

EuGH Urteil Zahlungsdiensterichtlinie Kreditkartenbetrug

Was verlangt die Zahlungsdiensterichtlinie?

Nach Artikel 58 der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie 2007/64/EG müssen Zahlungsdienstnutzer einen festgestellten, nicht autorisierten Zahlungsvorgang unverzüglich beim Zahlungsdienstleister anzeigen – und spätestens innerhalb von 13 Monaten ab Belastung. Die beiden Fristen gelten kumulativ: Eine verspätete Anzeige führt grundsätzlich zum Verlust des Erstattungsanspruchs – selbst wenn die 13-Monats-Frist noch eingehalten ist.

👉 „Unverzüglich“ heißt nicht „sofort in derselben Sekunde“, sondern „ohne schuldhaftes Zögern“. In der Praxis bedeutet das: Sobald Sie einen Betrug bemerken oder bemerken müssten, müssen Sie reagieren. Wer Kontoauszüge monatelang ignoriert, riskiert den Anspruchsverlust.

Ausnahmen: Wenn eine verspätete Meldung nicht schadet

Gerade bei Fällen von Kreditkartenbetrug, Diebstahl, Verlust oder missbräuchlicher Verwendung gilt aber: Der Anspruch auf Erstattung entfällt erst, wenn die verspätete Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt ist (außer bei betrügerischer Absicht). Leichte Nachlässigkeiten oder unverschuldetes Verzögern rechtfertigen nicht automatisch den Anspruchsverlust.

  • Vorsatz bedeutet: Sie melden absichtlich zu spät, etwa um einen Vorteil daraus zu ziehen.

  • Grobe Fahrlässigkeit bedeutet: Sie missachten grundlegende Vorsichtspflichten, die jedem einleuchten müssten. Sie bewahren beispielsweise Ihre PIN gemeinsam mit der Karte auf und melden den Verlust erst Tage später.

Die Beweislast für grobes Verschulden liegt bei der Bank: Sie muss nachweisen, dass Sie vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.

Mehrere Betrugsfälle: Jeder wird einzeln betrachtet

Kommt es zu einer Reihe von unautorisierten Zahlungsvorgängen, entfällt der Erstattungsanspruch nur für die Vorgänge, bei denen die Anzeige grob fahrlässig oder vorsätzlich verschleppt wurde. Für andere Transaktionen kann der Anspruch erhalten bleiben: Jede einzelne Buchung wird individuell betrachtet. Das verhindert, dass eine verspätete Meldung gleich alle Erstattungsansprüche zunichtemacht.

Warum ist dieses Urteil so bedeutsam?

Die Regeln zu unautorisierten Zahlungen beruhen auf einer europäischen Richtlinie. Sie gibt als Gesetzgebungsakt der EU allen Mitgliedstaaten vor, welche Ziele erreicht werden sollen. Die konkrete Umsetzung ins nationale Recht erfolgt aber durch die einzelnen Länder (in Deutschland z. B. durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz).

Der Europäische Gerichtshof entscheidet darüber, wie solche Richtlinien auszulegen sind. Seine Urteile sind für alle Gerichte in der EU verbindlich. Das heißt: Wenn der EuGH klärt, wie eine Vorschrift zu verstehen ist, müssen sich auch deutsche Gerichte und Banken daran halten.

Was heißt das für Sie konkret?

  • Regelmäßige Kontrolle: Prüfen Sie Ihre Kontobewegungen und Kreditkartenabrechnungen mindestens monatlich. Nutzen Sie Benachrichtigungsfunktionen Ihrer Bank.

  • Sofortige Reaktion: Melden Sie verdächtige Buchungen oder den Verlust Ihres Zahlungsinstruments umgehend – telefonisch, per App oder über das Online-Banking.

  • Dokumentation: Halten Sie alle Kontakte, Meldungen und Schritte schriftlich fest. Dies sichert Ihre Beweise im Streitfall.

  • Sicherer Umgang: Schützen Sie Ihre Karten und Zugangsdaten konsequent. Nutzen Sie ausschließlich sichere Passwörter und aktivieren Sie Zwei-Faktor-Authentifizierung.

Die Verantwortung zur Schadensbegrenzung liegt also gleichermaßen beim Zahlungsdienstnutzer wie beim Zahlungsdienstleister. Unverzügliches Handeln ist der beste Schutz vor finanziellen Nachteilen und dem Verlust des Erstattungsanspruchs. Wir von Mueller.legal unterstützen Sie praxisnah bei allen Fragen zu Kreditkartenbetrug, Online-Banking und unautorisierten Zahlungsvorgängen – vom Verdacht bis zur erfolgreichen Durchsetzung Ihrer Erstattungsansprüche.

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