Kein Unterlassungsanspruch bei KI-gelöschten Beiträgen
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Nutzenden steht kein Unterlassungsanspruch zu, wenn ein Post durch den Algorithmus eines sozialen Netzwerks zunächst gelöscht und bei Beschwerde wiederhergestellt wird. In seinem Beschluss vom 04.10.2021 stellt das Oberlandesgericht (OLG) Dresden fest, dass durch umgehende Wiederherstellung bei Beschwerde keine Wiederholungsgsgefahr begründet ist (Az. 4 W 625/21).
Facebook zieht aus Ziffer 3.2 der Facebook-Nutzungsbedingungen die Rechtsgrundlage für das Entfernen oder Blockieren von Inhalten, die gegen ihre Nutzungsbedingungen, Rechte anderer Nutzenden oder andere Bedingungen verstoßen. In der OLG-Entscheidung wird auf eine Bundesgerichtshof (BGH)-Entscheidung vom 29.07.2021 (Az. III ZR 192/20) verwiesen, die gerade diesen Vertragspunkt für unwirksam erklärt.
Eine Anhörung vor dem Löschen eines Beitrags ist ausdrücklich nicht erforderlich. Dem BGH genügt eine in den Nutzungsbedingungen verankerte nachträgliche Benachrichtigung sowie die Möglichkeit, eine Begründung einzufordern bzw. eine Gegendarstellung mit eventueller Neuentscheidung. Dabei seien insbesondere die Interessen der Plattformbetreiberin zu betrachten.
Um das Problem der Hassrede im Netz effizienter bekämpfen zu können, setzt Meta, vormals Facebook, auf der gleichnamigen Plattform Facebook algorithmusgesteuerte Künstliche Intelligenz (KI) ein. Grundsätzlich lässt ein einmaliger Vertragsverstoß einen weiteren Verstoß vermuten, beschloss der BGH an anderer Stelle. Diese tatsächliche Vermutung werden nur in wenigen Fällen widerlegt, z.B. wenn ein einmaliges Sonderereignis den Verstoß hervorgerufen hat. Dies sei, wie auch hier, der Fall, wenn nicht Menschen, sondern hauptsächlich Algorithmen agieren.
Das OLG Dresden stellt jedoch fest, dass diese Erfahrungssätze für von KI getroffene Entscheidungen nicht gelten sollen. Durch das sofortige Beheben der Löschung mache die Plattformbetreiberin deutlich, dass es sich um einen technischen Fehler handele und der Beitrag künftig nicht mehr von den Löschalgorithmen erfasst werde.
Wenn der Post kommentarlos wiederhergestellt wird, gebe die Plattform keinen Anlass für Bedenken, der Post könne erneut gelöscht werden. Lässt die Plattform jedoch durch Antworten auf die Beschwerde oder anderes Verhalten darauf schließen, dass sie den Post für problematisch hält, erkennt das Gericht eine Wiederholungsgefahr an.
Rechtsanwalt Carl Christian Müller
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV)
Telefon: 030 2064368 10
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