„Wenn sich kommunale Unternehmen vor ihrer Auskunftsverpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern drücken können, nur weil sie eine Aktiengesellschaft sind, dann muss kritisch gefragt werden, ob diese Rechtsform für kommunale Gesellschaften angemessen ist“, folgert Christiane Hinninger, Vorsitzende der GRÜNEN Stadtverordnetenfraktion Wiesbaden aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Koblenz. Das OVG hatte klargestellt, dass kommunale Energieversorger, wie die KMW AG, eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge wahrnehmen und damit grundsätzlich dem Informationszugangsanspruch der Bürgerrinnen und Bürger unterliegen. Es wies die Klage Hinningers aber ab, weil das Aktienrecht der Auskunftsforderung im konkreten Fall entgegenstehe.
KMW AG braucht neue Rechtsform!
von Carl Christian Müller
Urteilsbegründung nicht nachvollziehbar
“Das Gericht hat leider keine konkrete Prüfung der einzelnen Fragen vorgenommen”, so Hinninger. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb es z.B. der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliege, wenn ein kommunales Unternehmen Geschenke macht.
Auch Carl Christian Müller, der Rechtsanwalt Hinningers meint: „Das Gericht macht es sich dann doch etwas einfach. Nach geltender Rechtslage besteht auch für Aktiengesellschaften keine generelle Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Diese gelten nur im Hinblick auf vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft an denen ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht“. Die Frage beispielsweise, ob die KMW AG vor dem Hintergrund der dramatischen Veränderungen im Energiesektor ein Konzept vorhält, nach dem sie auch künftig noch Strom erzeugen will oder kann, hätte mit einem einfachen Ja oder Nein beantwortet werden können. „Warum eine kommunale Gesellschaft, deren einziger Zweck die Erzeugung von Energie ist, den Bürgerinnen und Bürgern der Städte Mainz und Wiesbaden, die letztlich für den Unternehmenserfolg haften, eine solche Frage verschweigen will und kann, ist nicht nachvollziehbar zu begründen“, so Müller.
Mainzer OB hat Sinn der Informationsfreiheit nicht verstanden
Scharf kritisiert Rechtsanwalt Carl Christian Müller auch die Äußerung des Mainzer OBs Michael Ebling, dass die Informationsfreiheit keine Spielwiese für die Kommunalpolitik sei und man die Justiz und Verwaltung unnötig beschäftigt habe. „Wer sich als Oberbürgermeister zu einer solchen Äußerung hinreißen lässt, zeigt nicht nur, dass er den Sinn und Zweck der Informationsfreiheit nicht verstanden hat, sondern offenbart auch ein krudes rechtsstaatliches Verständnis, das mit dem von ihm ausgeübten Amt nicht vereinbar ist“, meint Müller.
Verfahren dauert seit 2013 an
Bereits seit Januar 2013 fordert Hinninger umfassende Auskünfte von der KMW. „Die Quintessenz des Verfahrens ist, dass die Bürgerinnen und Bürger im Grundsatz weitgehende Auskunftsansprüche dahingehend haben, was mit ihrem Geld in ihren Gesellschaften passiert. Das ist schon mal gut. Wenn dem die gewählte Rechtsform der Aktiengesellschaft entgegensteht, dann müssen wir prüfen, mit welcher Rechtsform wir wieder Transparenz und damit Kontrolle über die kommunalen Gesellschaften zurückerlangen“, sagt Hinninger abschließend.
Das Urteil des OVG Koblenz vom 10.06.2016 - 10 A 10878/15.OVG können Sie hier abrufen.
Update vom 15.08.2016: Wir haben gegen das Urteil die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.
Update vom 20.09.2016: Die Nichtzualssungsbeschwerde wird vor dem Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 7 B 11.16 geführt.