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Kununu muss Auskunft über Identität eines Rezensenten erteilen

Das Landgericht (LG) Kassel hat in einem durch mueller.legal betreuten Verfahren das Bewertungsportal kununu verpflichtet, Auskunft über Namen und E-Mail-Adresse des Rezensenten zu erteilen (Beschluss vom 13.06.2022, Az. 10 O 323/22). Neben der Löschung einer negativen Bewertung können Bewertungsportale zur Auskunft über die Identität des Rezensenten verpflichtet werden, wenn Inhalte der Bewertung rechtswidrig sind. Wie das LG Kassel erklärte, erfüllen Teile der vorliegenden Bewertung den Straftatbestand der Kreditgefährdung.

von Carl Christian Müller

Baumkrone von unten

Schlechte Rezension kann Glaubwürdigkeit eines Unternehmens schmälern

Negative Bewertung löschen und gegen den Rezensenten vorgehen

Im vorliegenden Verfahren wollte das bewertete Unternehmen neben der Löschung der negativen Bewertung auf kununu persönlich gegen den Verfasser der massiv rufschädigenden Bewertung vorgehen. Die Identität des Verfassers war dem Unternehmen jedoch nicht bekannt. Bewertungsportale wie Kununu dürfen die Kontaktdaten der Nutzer nicht ohne weiteres herausgeben, sondern nur dann, wenn sie gerichtlich zur Herausgabe dieser Daten verpflichtet werden. Das Gericht verpflichtet solche Dienstleister zur Mitteilung der Kontaktdaten, wenn die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) erfüllt sind. Eine Voraussetzung ist, dass Inhalte der Bewertung rechtswidrig im Sinne von § 1 Abs. 3 Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sind. Gemäß § 1 Abs. 3 NetzDG ist eine Aussage unter anderem rechtswidrig, wenn dieser den Straftatbestand der Kreditgefährdung (§ 187 Alt. 3 StGB) erfüllt. Dies ist wiederum der Fall, wenn eine Behauptung dazu führt, dass der Geschäftsverkehr erhebliche Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Betroffenen entwickelt. Mit Hilfe der so erlangten Bestandsdaten (Name und E-Mail-Adresse) können negativ bewertete Unternehmen direkt gegen den Rezensenten vorgehen, um zivilrechtliche Ansprüche, wie die Unterlassung solcher Aussagen oder auch die Zahlung von Schadensersatz geltend zu machen. 

 

Unfaire Bezahlung, Diskriminierung und toxisches Arbeitsklima

Im Rahmen seiner Bewertung hatte der Rezensent unter anderem behauptet das Unternehmen würde selbst positive Bewertungen über sich verfassen und die Mitarbeiter "nicht fair bezahlen". Im Hinblick auf den Umgang mit älteren Kollegen erklärte der Verfasser, dass eine Mitarbeiterin vorzeitig vor der Rente gekündigt worden sei. Als Begründung dafür gab der Bewertende an, die betroffene Mitarbeiterin habe sich "zu viel" über die Zustände im Betrieb beschwert. Die Arbeitsbedingungen bezeichnete der Rezensent als "unmenschlich und kriminell", weil die Arbeitnehmer bis zu 7 Tage die Woche und das mehrere Wochen in Folge arbeiten würden. In der Kategorie "Gleichberechtigung" gab der Rezensent an, es würden diskriminierende Witze über Menschen mit diversem Geschlecht gemacht und gezielt Frauen mit Kindern eingestellt, um diesen drohen zu können.

 

LG Kassel: Aussagen stellen Unternehmen als "Heuchlerin" dar

Nach Einschätzung des Landgerichtes Kassel erfüllen diese Aussagen den Straftatbestand der Kreditgefährdung gemäß § 187 Alt. 3 StGB. "Die Aussagen sind dazu geeignet das bewertete Unternehmen in ein schlechtes Licht zu rücken", erklärte das LG Kassel seine Einschätzung. Solche Äußerungen schmälern das Vertrauen in das Unternehmen, ob es die nach außen kommunizierten Werte tatsächlich umsetzt oder oder überhaupt fähig ist, diese Werte umzusetzen, begründete das Gericht. Durch die Bewertung wird das Unternehmen vielmehr als "Heuchlerin" dargestellt, das Werte wie eine diskriminierungsfreie Arbeitsumgebung, keine überlangen Arbeitszeiten, eine gerechte Entlohnung und das Verbot inhumaner Behandlung gerade nicht im Arbeitsalltag integriert, erklärte das Gericht. Nach der Beurteilung des LG Kassel wird ein Unternehmen, welches fair und ökologisch hergestellte Produkte anbietet, durch solche Aussagen maßgeblich in seinem Kredit gefährdet. Die Bewertung ist demgemäß rechtswidrig und das LG Kassel verpflichtete daher Kununu den Namen und die E-Mail-Adresse des Rezensenten an mueller.legal mitzuteilen.

 

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