Die Zivilkammer 28 des Landgerichts hat mit einem am 13. Januar 2016 verkündeten Urteil einen bekannten Kunstsammler verurteilt, dem Kläger Auskunft über den erzielten Kaufpreis aus einem Kaufvertrag zu erteilen, durch den der Beklagte eine bedeutende Kunstsammlung in das Ausland verkauft hat.
LG Berlin: Auskunftsklage gegen einen bekannten Kunstsammler teilweise erfolgreich
von Carl Christian Müller
Der Beklagte beschäftigte sich seit vielen Jahren mit dem An- und Verkauf von Designobjekten und erstellte eine umfangreiche Privatsammlung, deren Verkauf er vor mindestens zehn Jahren ins Auge fasste. Zu diesem Zweck beauftragte er – zwischen den Parteien streitig – nachfolgend entweder den Kläger selbst oder jedenfalls eine von diesem als Geschäftsführer geleitete Gesellschaft, einen Käufer für die Sammlung zu vermitteln. Für den Fall einer erfolgreichen Durchführung des Vertrages und dem Abschluss eines vermittelten Kaufvertrages verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer Provision von zehn Prozent des Kaufpreises.
Ende des Jahres 2009 stellte der Kläger den Kontakt des Beklagten zu einem Professor und Grafikdesigner, dem Zeugen H., her, der im Ausland an einer Akademie studiert hatte. Nach einem Treffen zwischen diesen drei Personen unterrichtete Professor H. den Direktor jener Akademie von dem Verkaufsinteresse des Beklagten. Zum Ende des Jahres 2010 kündigte der Beklagte den Vermittlungsvertrag mit dem Kläger. Dieser erfuhr im Frühjahr 2011 aus der Presse, dass der Beklagte seine Kunstsammlung an die vorgenannte Akademie zu einem zweistelligen Millionenbetrag verkauft habe.
Da der Kläger Einzelheiten über den Verkauf der Sammlung von dem Beklagten nicht erlangen konnte, erhob er gegen ihn eine sogenannte Stufenklage. Mit diesem prozessualen Mittel kann man in einer ersten Stufe Auskunft über bestimmte Umstände erlangen, ggf. in einer zweiten Stufe verlangen, dass der Beklagte die Richtigkeit der Auskunft an Eides statt versichert, und einen sich aus dieser Auskunft möglicherweise ergebenden Zahlungsanspruch in einer dritten Stufe geltend machen.
Nach dem Teilurteil des Landgerichts über diese erste Stufe schuldet der Beklagte dem Kläger Auskunft über die Höhe des Kaufpreises, den er für den Verkauf der Privatsammlung an die ausländische Akademie erhalten hat. Die vertraglichen Vereinbarungen seien so auszulegen, dass der Kläger, der über internationale Erfahrungen und Kontakte verfügte, lediglich einen potentiellen Käufer suchen und dadurch die Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrages nachweisen sollte. Der Kläger sei jedoch nicht zusätzlich verpflichtet gewesen, aktiv auf den Willensentschluss des späteren Käufers einzuwirken im Sinne eines sogenannten Vermittlungsmaklers. Die geschuldete Leistung habe der Kläger erbracht, indem er über den Zeugen Professor H. dem Beklagten den Käufer der Sammlung, die ausländische Akademie, nachgewiesen habe. Es sei zu vermuten, dass die von dem Kläger hergestellten Kontakte ursächlich für den Kaufvertragsabschluss gewesen seien. Diese Vermutung werde weder durch den Zeitablauf zwischen dem ersten Kontakt des Beklagten zu Professor H. und dem Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses widerlegt noch durch den Umstand, dass der Beklagte selbst im Jahr 2010 einen Kontakt zu dem Vizedirektor der Akademie hergestellt habe. Vielmehr sei aufgrund der hierarchischen Struktur der Akademie davon auszugehen, dass die Kenntnis des Direktors von dem Verkaufsinteresse des Beklagten den fruchtbaren Boden für den Kaufvertragsabschluss gebildet habe.
Der Beklagte könne sich auch nicht erfolgreich auf Geheimhaltungsinteressen berufen. Zum Einen habe er eine solche Verschwiegenheitsverpflichtung nicht konkret vorgetragen. Zum Anderen wäre er auch nicht schutzwürdig, da er bei Abschluss des Kaufvertrages hätte berücksichtigen müssen, dass er möglicherweise dem Kläger Auskunft darüber erteilen müsse.
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vom 19.01.2016