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LG Köln: Glyphosat-Gutachten darf nicht veröffentlicht werden

Das Landgericht Köln hat den Betreibern der Webseite Frag den Staat mit einer einstweiligen Verfügung verboten, das vom Bundesinstitut für Risikobewertung eingeholte Glyphosat-Gutachten über deren Webseite zu veröffentlichen (LG Köln, Beschl. v. 19.03.2019 - 14 O 86/19).  In dem Gutachten geht es um die Frage, ob das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat für die Bildung von Tumoren verantwortlich ist.

von Carl Christian Müller

Veröffentlichung verstößt gegen das Urheberrecht

LG Köln: Gutachten als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt

Das LG Köln begründete die Entscheidung damit, dass es sich bei dem Glyphosat-Gutachten um ein Sprachwerk handele, dass gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt sei. In der Veröffentlichung des Gutachtens liege eine urheberrechtliche Nutzungshandlung, in der der Rechteinhaber, das Bundesinstitut für Risikobewertung, nicht eingewilligt habe. 

Informationsfreiheit versus Urheberrecht

Frag den Staat hatte das Gutachten zuvor vom Bundesamt für Risikobewertung nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausverlangt. Das Gesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich. Das Bundesamt hatte das Gutachten daher herausgegeben, allerdings erklärt, es sei mit der Veröffentlichung nicht einverstanden und sich dabei im Verfahren auf Urheberrechte berufen. Ob ein Gutachten tatsächlich den Schutz von Sprachwerken beanspruchen kann, hängt von den Umständen des Einzefalles ab. Das Landgericht Köln hat in seiner Entscheidung hierzu keinerlei Feststellungen getroffen und sich mit dieser Frage aber gar nicht auseinandergesetzt, sondern schlicht den Urheberschutz des Gutachtens bejaht. Das allein lässt die Entscheidung schon fragwürdig erscheinen.

Entscheidung könnte Verstoß gegen Unionsrecht sein

Selbst wenn man aber dem Gutachten Urheberrecht zusprechen wollte, ist jedenfalls nach Auffassung des Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EugH), Maciej Szpun, ein urheberrechtlicher Schutz solcher Dokumente nicht erforderlich. In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem es um die Veröffentlichung der sogenannten "Afg­ha­nistan-Papiere", ging hatte der Generalanwalt in seinem Schlussanträgen ausgeführt, dass das Unterlassungsbegehren der in diesem Fall ebenfalls auf Klägerseite stehenden Bundesrepublik Deutschland mit den Zielen des Urheberrechts nicht zu tun habe. Der Bundesrepublik gehe es in erster Linie um den Schutz der Vertraulichkeit bestimmter als sensibel eingestufter Informationen. Das Urheberrecht werde hier also zu der Verfolgung von Zielen instrumentalisiert, die ihm völlig fremd seien.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist daher eher davon auszugehen, dass die Entscheidung des LG Köln keinen Bestand haben wird. Wer aber den Ausgang des Verfahrens nicht abwarten und das Gutachten lesen will, kann es hier über Frag den Staat anfordern.

Vor wenigen Wochen hatte der EuGH entschieden, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Zugang zu Glyphosat-Studien gewähren muss.

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