Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat einen Bericht über die Reform der EU-Urheberrechtsrichtlinie verabschiedet und damit für Aufsehen gesorgt. Denn danach soll die Abbildung von urheberrechtlich geschützten Werken im öffentlichen Raum durch den Rechteinhaber genehmigt werden müssen. Bisher sieht das deutsche Urheberrecht nach dem Grundsatz der Panoramafreiheit vor, dass es Fotografen erlaubt ist, Bilder von öffentlich zugänglicher Kunst wie auch von Gebäuden in der Außenansicht zu machen, um diese anschließend zu veröffentlichen und selbst kommerziell zu verwerten (§ 59 Abs. 1 UrhG). Sollte sich dies ändern, würden damit bei der Verwendung von Fotografien insbesondere im Internet und in den Medien, erhebliche Einschränkungen einhergehen. Nach dem Bericht soll nämlich die kommerzielle Nutzung der Fotografien dann nur noch erlaubt sein, wenn der Rechteinhaber, also der Architekt oder der Künstler, zuvor sein Einverständnis zu der Nutzung erteilt hat.
MMR Müller Müller Rößner zur geplanten Einschränkung der Panoramafreiheit
von Carl Christian Müller
Fraglich wäre dabei, was genau unter kommerzieller Nutzung zu verstehen sein soll. Diese Frage beschäftigt schon jetzt die Gerichte, etwa im Zusammenhang mit den sogenannten CC-Lizenzen, mit denen es dem Rechteinhaber möglich ist, der Öffentlichkeit Nutzungsrechte an seinen Werken einzuräumen. Unter einer kommerziellen Nutzung versteht die Creative Commons Community eine Handlung, die nicht vorrangig auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine geldwerte Vergütung gerichtet ist. Diese Formulierung lässt natürlich viel Raum für Interpretationen. Demnach könnte bereits die Veröffentlichung von Bildern auf einer kommerziell betriebenen Plattform wie dem sozialen Netzwerk Facebook erlaubnis- und vergütungspflichtig werden, da Facebook sich die Rechte an Fotografien auch zu gewerblichen Zwecken übertragen lässt. Damit wären aber auch Nutzer von Facebook von der geplanten Einschränkung betroffen.
Ungeklärt wäre darüber hinaus, wie Fotografien und Filme im Rahmen journalistischer Berichterstattung zu beurteilen wären. Denn auch hier stellt sich die Frage, ob in einem redaktionellen Beitrag, in dem ein Bau- oder Kunstwerk sichtbar wird, eine kommerzielle Nutzung zu sehen ist, wobei insoweit nach deutschem Recht das Privileg der Tagesberichterstattung (§ 50 UrhG) zum Tragen kommen oder die abgebildeten Objekte lediglich als unwesentliches Beiwerk (§ 57 UrhG) zu sehen sein könnten. Aber auch dies wäre mit einiger Rechtsunsicherheit verbunden.
Hierzu erklärt Carl Christian Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht:
„Ein Bericht ist noch keine Richtlinie, und wer sich mit den Abläufen im Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene auskennt, der weiß, dass nicht jedes Vorhaben auch in Richtlinienrecht umgesetzt wird. Sollte sich der Gesetzgeber jedoch dazu entschließen, die Urheber an der wirtschaftlichen Verwertung ihrer Werke im Rahmen der Panoramafreiheit teilhaben zu lassen, wäre im Sinne der Rechtssicherheit zu fordern, dass die Nutzung für jegliche Zwecke erlaubnisfrei bleibt. Für die kommerzielle Nutzung wäre dann eine pauschale Vergütung zu zahlen, die – wie etwa bei der Kopierabgabe – über eine Verwertungsgesellschaft von den kommerziellen Verwertern wie Facebook eingezogen werden würde. Andernfalls öffnete man eine weitere Tür für rechtsmissbräuchliche Massenabmahnungen. Das wäre ein Beitrag des Gesetzgebers, durch unklare und auslegungsbedürftige Regelungen die Akzeptanz des Urheberrechts in der Gesellschaft zu schwächen.“