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Netflix-Serie „Skylines“ verstößt nicht gegen Persönlichkeitsrechte

Die Verbreitung der Serie „Skylines“ ist durch die Kunstfreiheit geschützt. Sie verletzt weder das Persönlichkeitsrecht noch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des des Rappers, Produzenten und Inhabers von „Skyline Records“, Jan Lehmann, der den Künstlernamen „Cousin JMF“ führt. Die künstlerische Gestaltung der Lebensläufe der Protagonisten und der Geschäftstätigkeit der Firma sind verselbständigt und ausreichend künstlerisch transzendiert worden, so dass Kunstbild und Urbild unterscheidbar bleiben, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit heute veröffentlichtem Beschluss.

von Carl Christian Müller

OLG Frankfurt: Verbreitung ist durch Kunstfreiheit geschützt

Rapper wollte Ausstrahlung verbieten lassen

Der Rapper hatte Netflix verbieten lassen wollen, dass sie die Serie „Skylines“ ausstrahlt. Netflix startete Ende September 2019 mit sechs Folgen einer ersten Staffel der Serie „Skylines“. Sie spielt in Frankfurt am Main und erzählt die Geschichte eines Musik-Labels namens „Skyline Records“. Protagonisten sind der talentierte Hip-Hop-Musiker und Produzent „Jinn“, der von einem berühmten Label namens „Skyline Records“ entdeckt und von dessen Chef „Kalifa“ unter Vertrag genommen wird. Die Serie war seit Oktober 2018 im Internet und anderen Medien beworben worden. Drehbeginn war der 20.11.2018.

Kunstfreiheit vor Persönlichkeitsrecht

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verbreitung der Serie zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte auch vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg. Die Verbreitung der Serie sei durch die Kunstfreiheit der Antragsgegnerin geschützt, stellt das OLG fest. Das Verbreitungsinteresse wiege schwerer als das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und sein Unternehmerpersönlichkeitsrecht hinsichtlich des Unternehmens „Skyline Records“. Die künstlerische Gestaltung der Lebensläufe der Protagonisten und der Geschäftstätigkeit der Firma seien in einer Weise verselbstständigt und in der Darstellung ausreichend künstlerisch transzendiert worden, „dass das Individuelle, Persönlich-Intime zu Gunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der Figuren und der Firma genügend objektiviert erscheint“.

Keine wesentlichen Übereinstimmungen mit der Biografie von Cousin JMF

Entgegen der Ansicht des Antragstellers führten die Anknüpfungspunkte der Serie an seinen Werdegang nicht zu einer Verdichtung, wonach „Kunstbild und Urbild der Figuren nicht mehr voneinander unterscheidbar wären“. Zwar bestünden offensichtlich Übereinstimmungen zwischen dem Werdegang des Antragstellers und den der Serienprotagonisten. Diese seien jedoch nicht von solchem Gewicht, dass „für den Durchschnittsbetrachter der Unterschied zwischen Fiktion und Wirklichkeit aufgehoben und auf diese Weise die Eigenschaften der dargestellten Person gerade dem Antragsteller oder des Unternehmens zugeschrieben werden“, begründet das OLG weiter. Es lägen vielmehr zu wenige konkrete Übereinstimmungen der Lebensläufe vor. Über wenige, in Künstlerkarrieren typischerweise vorkommende Umstände hinaus bestünden keine wesentlichen Übereinstimmungen mit der Biografie des Antragstellers. Auch die in der Serie benutzte Musik enthalte keine den Antragsteller besonders kennzeichnende Ähnlichkeit. Soweit das äußere Erscheinungsbild des jungen Protagonisten „Jinn“ in Kopf und an Gesichtszügen gewisse Ähnlichkeit mit dem vom Antragsteller vorgelegten ihn zeigenden Foto habe, sei dies nicht so markant, dass hierdurch der Zuschauer eindeutig den Antragsteller identifiziere. Trotz der Namensübereinstimmung mit dem Plattenlabel des Antragstellers nehme der Zuschauer keine Übertragung der geschilderten Gegebenheiten und Eigenschaften von Protagonisten und deren Geschäftsgebaren auf.

Übertreibung und Überzeichnung von extremer Brutalität und schwerwiegenden Verbrechen für Betrachter erkennbar

Es werde auch nicht die Vermutung der Fiktionalität aufgehoben. Die Handlungsweisen seien vielmehr „in so hohem Maß von Gewaltexzessen, extremer Brutalität und schwerwiegenden Verbrechen und kriminellen Handlungen“ geprägt, dass der durchschnittliche Zuschauer hierin eine in Filmwerken dieses Genres üblicherweise vorkommende filmische Übertreibung und Überzeichnung erkennt, mit der ausschließlich fiktionale Spannung erzeugt und das Interesse geweckt werden soll“. Es bleibe dem Zuschauer aufgrund der gewählten filmischen Mittel jederzeit bewusst, dass hiermit nicht der Werdegang und die Geschäftspraktiken einer in Frankfurt ansässigen Plattenfirma gleichen Namens nacherzählt werden.

Der Antragsteller könne auch nicht Unterlassung wegen Verletzung seines Rechts an dem Unternehmenskennzeichen „Skyline Records“ verlangen. Dem Begriff komme zwar Unternehmenskennzeichenschutz und Titelschutz nach dem Markengesetz zu. Es fehle jedoch für den Erlass einer einstweiligen Verfügung an für eine Eilregelung erforderlichen Dringlichkeit. Der Antragsteller habe vielmehr schon bereits über ein Jahr vor diesem Antrag Kenntnis von der Verwendung dieser Kennzeichen gehabt.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.11.2019, Az. 16 W 56/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.10.2019, Az. 2-03 O 429/19)

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt am Main vom 04.12.2019

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