Die geplante Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes (KultgSchG) hat Anfang Juli für erhebliche Unruhe bei Künstlern und Kunsthändlern gesorgt. Medien hatten zu einem Zeitpunkt über geplante Regelungen aus dem Entwurf berichtet, als der Entwurf selbst noch nicht veröffentlicht war. Dadurch kam es nach Darstellung der Staatsministerin für Kultur und Medien zu Fehlinterpretationen. Streitig sind insbesondere die geplanten Änderungen zu den Ausfuhrbeschränkungen und die Regelungen zur Aufnahme in das Bestandsverzeichnis.
Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes – alles bleibt hier?
von Carl Christian Müller
Mit der Novellierung des KultgSchG soll einerseits das Vorgehen gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern verschärft werden. Hier geht es um die Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/60/EU, die die Rückgabe von unrechtmäßig verbrachtem Kulturgut innerhalb des EU-Binnenmarktes regelt. Ziel ist es, den Handel mit Kulturgütern zu unterbinden, die aus Krisengebieten wie etwa dem Irak oder Syrien illegal nach Deutschland eingeführt werden.
Verschärfung der Regelungen zum Abwanderungsschutz
Zudem sollen die bereits bestehenden Regelungen zum Abwanderungsschutz von nationalem Kulturgut ins Ausland reformiert werden. Künftig soll bei jedweder Verbringung eines Werkes ins Ausland, das bestimmte Schwellenwerte erreicht, eine Exportlizenz erforderlich sein. Für den Export in Drittstaaten ist das bereits heute geltendes Recht. Nun soll das Lizenzerfordernis auf Ausfuhren in das EU-Ausland ausgedehnt werden; im Rahmen bestimmter Wert- und Altersgrenzen sollen diese genehmigungspflichtig werden. Die genauen Alters- und Wertgrenzen sind noch in der Diskussion. Zuletzt wurden 300.000 EUR und 70 Jahre genannt. Werden diese Werke als deutsches Kulturgut eingestuft, dürfen sie das Land nicht verlassen. Problematisch bleibt der unbestimmte Rechtsbegriff „nationales Kulturgut“. Eine gesetzliche Definition ist bisher nicht vorgesehen. Stattdessen sollen – wie bisher auch – von den zuständigen Landesbehörden einberufene Experten-Gremien hierüber im Einzelfall entscheiden. Wegen der Altersgrenze ist zeitgenössische Kunst jedoch nicht betroffen. Bereits aus diesem Grunde geht die von Baselitz durch den Rückruf seiner in München und Chemnitz hängenden Leihgaben spektakulär geäußerte Kritik ins Leere.
Verbesserungen für Museen
Für Museen sieht das Gesetz insofern Verbesserungen vor, als künftig der gesamte öffentliche Museumsbesitz als nationales Kulturgut gelten soll. Dies stellt eine Besserstellung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage dar, weil nationales Kulturgut bei Abhandenkommen, etwa im Falle eines Diebstahls, 75 Jahre lang zurückgefordert werden kann und nicht nur 30 Jahre. Auch Dauerleihgaben sollen diesen Schutz beanspruchen können. Die Eigentümer von Dauerleihgaben sollen aber durch schriftliche oder elektronisch übermittelte Erklärung an die zuständige oberste Landesbehörde von vornherein auf die Deklarierung als nationales Kulturgut verzichten können. Die in den vergangenen Tagen geäußerte Kritik der Künstler und Kunsthändler, mit den geplanten Regelungen ginge eine kalte Enteignung einher, sofern sich die Werke als Dauerleihgabe in einer öffentlichen Sammlung befinden, dürfte sich auch deshalb als unbegründet erweisen.
Für besondere Aufregung hatten bekannt gewordene Reglungen aus einem früheren Entwurf gesorgt, nach denen die zuständigen Landesbehörden ein „Zutrittsrecht“ zu Wohnungen gehabt hätten, in denen „Kulturgut verwahrt wird“. Ein solches Zutrittsrecht ist nach den Denkmalschutzgesetzen vorgesehen. Nach diesem Muster war es wohl in den Gesetzesentwurf aufgenommen worden. Diese Regelung ist in einem aktuelleren Entwurf nicht mehr vorgesehen.