Unternehmen wird zukünftig das Vorgehen gegen negative Bewertungen vereinfacht. Mit Beschluss vom 07.12.2020 (Az. 13 W 80/20) hat das OLG Celle entschieden, dass Portalbetreiber zur Auskunft über Bestands- und Nutzungsdaten von Rezensenten verpflichtet sind, die wahrheitswidrige Äußerungen in ihren Bewertungen abgeben.
- Negative Bewertungen
OLG Celle: Bewertungsportal muss Auskunft über Verfasser einer negative Bewertung geben
von Carl Christian Müller
Das Problem der Negativbewertungen
Unternehmen erhalten über Bewertungsportale meist nicht nur positive Bewertungen, sondern sehen sich häufig auch negativen Bewertungen ausgesetzt. Darunter befinden sich sowohl zutreffende Erfahrungen von (ehemaligen) Kunden als auch Behauptungen von Umständen und Abläufen, die sich so in der Wirklichkeit nicht zugetragen haben. Um diese wahrheitswidrigen Bewertungen aus der Welt zu schaffen, wenden sich die Unternehmen oft an die Portalbetreiber mit dem Ziel sich Zugang zu den Daten der Rezensenten zu verschaffen. Dadurch möchten die Unternehmen die Möglichkeit bekommen direkt gegen die Verfasser vorzugehen, damit diese die Bewertungen schnellstmöglich beseitigen.
Bisher: Schutz der Anonymität der Rezensenten
Bislang hatte der BGH ein solches Vorgehen mit seinem Urteil vom 01.07.2014 (Az. VI ZR 345/13), in dem ein Arzt gegen das Bewertungsportal Jameda vorging und Auskunft über die Nutzerdaten verlangte, zum Schutz der Anonymität der Nutzer im Internet nicht zugelassen. Das Gericht stützte sich in seiner Begründung auf den Willen des Gesetzgebers, der sich bewusst für eine weitrechende Anonymität im Internet entschieden habe. Die Anonymität durfte nur zur Verfolgung von Straftaten oder in den Fällen von Urheberrechtsverletzungen aufgehoben werden.
Auskunftsanspruch auch bei unwahren Tatsachenbehauptungen
In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall, in dem unter der Verfasserbezeichnung „Mitarbeiter“ Nutzer auf einem Bewertungsportal ein IT-Unternehmen negativ bewertet hatten, hat das OLG Celle nun mit Beschluss vom 07.12.2020 (Az. 13 W 80/20) entschieden, dass Unternehmen zukünftig auch dann einen Auskunftsanspruch gegen Portalbetreiber auf die Herausgabe der Bestands- und Nutzungsdaten von Kunden bzw. Nutzern des Portals haben, wenn der Inhalt der negativen Bewertung unwahre Tatsachen enthält. In dem konkreten Fall waren in den Bewertungen u.a. Angaben wie „Gehalt kommt nicht pünktlich, Telefone gesperrt wegen offener Rechnungen“, „Pünktliche Gehaltszahlungen anstreben“, „Mobbing bei Kündigung“ getätigt und weitere vermeintlich unzureichende Gehaltausschüttungen thematisiert worden. Das Gericht sah mit diesen wahrheitswidrigen Äußerungen das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des IT-Unternehmens verletzt, sodass die Voraussetzungen des Auskunftsanspruches aus § 14 Abs. 3 TMG, mithin der Verletzung absolut geschützter Rechte, vorlagen. Anlass der Entscheidung des Gerichts war der Umstand, dass der Anspruch aus § 14 Abs. 3 TMG von dem Gesetzgeber neu im Zuge der Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes mit Beschluss vom 01.04.2020 zur Vereinfachung der Durchsetzung des Auskunftssanspruchs eingeführt worden war.
Vorheriger Antrag bei Gericht erforderlich
Durch die Gesetzesänderung und die darauffolgende Entscheidung des OLG Celle wird es den Unternehmen nun vereinfacht gegen fälschliche Negativbewertungen vorgehen zu können, die geeignet sind ihren Außenauftritt in unberechtigter Weise zu schädigen. Allerdings können sich die Unternehmen mit ihrem Anliegen weiterhin nicht mit direkter Wirkung an die Nutzer des Portals wenden. Nach § 14 Abs. 4 S. 1 TMG ist ein Zwischenschritt in Form einer vom zuständigen Landgericht erwirkten gerichtlichen Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung durch den Diensteanbieter erforderlich, die vom Verletzten zu beantragen ist. Zudem bietet der Auskunftsanspruch keine Garantie für ein endgültiges Entfernen der jeweiligen Bewertung, allerdings haben die Unternehmen dadurch - neben dem Vorgehen gegen die Portalbetreiber - eine weitere Option sich gegen rufschädigende Äußerungen zur Wehr zu setzen. Es bleibt abzuwarten, ob dies zukünftig auch zur Steigerung der Qualität und Glaubhaftigkeit von Bewertungen beitragen wird.