Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom heutigen Tage (Az. 11 ME 230/15) die Beschwerde der Hansestadt Lüneburg gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg zurückgewiesen, mit der dem vorläufigen Rechtsschutzantrag eines Grundstückseigentümers im Lüneburger Stadtteil Wilschenbruch gegen die Beschlagnahme seines mit einem Gebäudekomplex bebauten Grundstücks stattgegeben worden war (Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9.10.2015 - 5 B 98/15 -). Die Hansestadt Lüneburg hatte das Grundstück für sechs Monate beschlagnahmt, um das bereits teilentkernte Gebäude auf eigene Kosten wieder herzurichten und dort bis zu 50 Flüchtlinge unterzubringen.
OVG Niedersachsen: Beschlagnahme eines ehemaligen Kinderheims in Lüneburg ist nicht zulässig
von Carl Christian Müller
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde der Hansestadt Lüneburg ist erfolglos geblieben. Nach Ansicht des 11. Senates spricht schon einiges dafür, dass zur Bewältigung der von der Hansestadt geltend gemachten Notlage bei der Beschaffung von Unterkünften für Flüchtlinge eine Beschlagnahme privaten Eigentums nur dann in Betracht kommt, wenn der Gesetzgeber zuvor im Einzelnen geregelt hat, unter welchen Voraussetzungen dies möglich sein soll. Abgesehen davon scheidet in dem vorliegenden Fall, in dem die Beschlagnahme auf die Generalklausel des § 11 Nds. SOG gestützt wird, die Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers aus, weil die Hansestadt vor der Heranziehung eines privaten Dritten mit Rücksicht auf dessen Eigentumsrecht zunächst die noch vorhandenen eigenen Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen muss. Da der Grundstückseigentümer ein sog. Nichtstörer im Sinne des Polizeirechts ist, muss die Hansestadt darlegen, dass sie selbst nicht mehr über menschenwürdige Unterkünfte für eine Flüchtlingsunterbringung verfügt und solche auch nicht bei Dritten auf freiwilliger Basis beschaffen kann. Diesen Nachweis hat die Hansestadt nicht erbringen können.
Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Quelle: Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichtes Niedersachsen vom 01.12.2015