OVG Rheinland-Pfalz: Drittsendezeiten im Programm von SAT.1 entfallen vorläufig

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in zwei heute veröffentlichten Entscheidungen im Eilverfahren die durch die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) im letzten Jahr vorgenommene Vergabe von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 (sog. Drittsendezeiten) an die bisherigen Programmanbieter als rechtswidrig erachtet.

von Carl Christian Müller

Deshalb hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klagen von Sat.1 und der unterlegenen Mitbewerberin N24 wiederhergestellt. Als Konsequenz dieser Entscheidung entfallen  vorläufig – bis zum Abschluss der Klageverfahren – die Drittsendezeiten im Programm von Sat.1.

Durch den zwischen den Ländern abgeschlossenen Rundfunkstaatsvertrag sind seit mehreren Jahren die Veranstalter von privaten Fernsehprogrammen zur Wahrung der Meinungsvielfalt im Rundfunk verpflichtet, in ihren Hauptprogrammen Sendezeiten für externe Programmanbieter als Fensterprogramme einzuräumen, wenn sie einen bestimmten Zuschaueranteil (10 % je Sender bzw. 20 % je Sendergruppe) erreichen. Die Auswahl unter den Bewerbern für diese Drittsendezeiten nimmt die LMK in einem mehrstufigen Zulassungsverfahren vor. Nachdem die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) festgestellt hatte, dass der maßgebliche Grenzwert wie in den Jahren zuvor sowohl beim Sender Sat.1 als auch bei der Sendergruppe ProSieben-Sat.1 Media überschritten worden war, schrieb die LMK die Drittsendezeiten im Programm Sat.1 – vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster (sog. Sendezeitschienen) – für den ab 1. Juni 2013 beginnenden fünfjährigen Zulassungszeitraum erneut aus.

Nach Durchführung des Auswahl- und Zulassungsverfahrens durch die hierfür zuständigen Gremien der LMK erhielten die in Mainz ansässige Firma „News and Pictures“, die bereits seit mehreren Jahren die Fensterprogramme produziert, sowie die Firma DCTP aus Düsseldorf die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen für jeweils zwei Sendezeitschienen. Die übrigen Bewerber wurden abgelehnt und die Zulassung von Sat.1 als Hauptprogrammanbieterin entsprechend eingeschränkt. Da im Jahr 2012 bereits ein entsprechender Bescheid von Sat.1 und zwei abgelehnten Mitbewerbern erfolgreich angefochten worden war (vgl. Pressemitteilung Nr. 35/12 des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße) und die weitere Ausstrahlung der Sendungen trotz der wiederum zu erwartenden Klagen unmittelbar erfolgen sollte, ordnete die LMK zugleich die sofortige Vollziehung des Zulassungsbescheides an.

Sat.1 und der unterlegene Mitbewerber N24 erhoben gegen den Zulassungsbescheid jeweils Klage. Auf ihre Eilanträge stellte das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen wieder her, soweit sie sich auf die Zulassung der Firma „News and Pictures“ bezogen (vgl. Pressemitteilung Nr. 12/14 des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße). Auf die Beschwerden von Sat.1 und N24 stellte das Oberverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen auch bezüglich der Zulassung der Firma DCTP her. Zugleich wies es die Beschwerden der LMK und der Firma „News and Pictures“ zurück und bestätigte insoweit die verwaltungsgerichtliche Entscheidung.

Das Oberverwaltungsgericht stuft den Zulassungsbescheid insgesamt als rechtswidrig ein. Es sieht bereits Fehler bei der Ausschreibung der Drittsendezeiten, die offensichtlich auf die Bedürfnisse von „News and Pictures“ ausgerichtet gewesen sei. Darüber hinaus beanstandet es, dass die LMK das Verfahren unter einem für Sat.1 unangemessenen Zeitdruck durchgeführt habe und die nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages notwendige Erörterung mit Sat.1 wegen der Auswahl der Bewerber um die Fensterprogramme nicht mit dem Ziel einer einvernehmlichen Einigung vorgenommen worden sei. Auch aus einer Gesamtschau weiterer Gesichtspunkte ergebe sich, dass die Auswahl unter den Bewerbern für die Fensterprogramme nicht fair und ergebnisoffen erfolgt sei.

Das Gericht betont in seiner Entscheidung, dass ihm die existenzbedrohende Situation für „News and Pictures“ bewusst sei. Dies sei aber nicht eine Folge des Eilbeschlusses, sondern die Konsequenz der zuvor getroffenen unternehmerischen Entscheidung der Produktionsfirma, die sich in ihrer Geschäftstätigkeit ausschließlich auf die weitere Zuteilung von Drittsendezeiten bei Sat.1 verlassen habe. Diese unternehmerische Entscheidung beinhalte das Risiko einer gerichtlichen Aufhebung von Drittsendezeiten ebenso wie die Möglichkeit der Vergabe von Sendezeiten an einen Konkurrenten, die ja bei jeder der in der Vergangenheit durchgeführten Ausschreibungen gegeben war. Auch in Bezug auf dieses schon der Natur der Sache nach bei jeder wirtschaftlichen Betätigung bestehende Risiko könne sich „News and Pictures“ nicht in rechtlich zulässiger Weise auf eine Art „Bestandsschutz“ berufen.

Beschlüsse vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014, Aktenzeichen 2 B 10323/14.OVG und 2 B 10327/14.OVG

Quelle: Pressemitteilung Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 09.09.14

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