Rechtsstreit um die Spirituosenverordnung: Wie vegan darf Likör sein?

Wenn sich die Bedürfnisse der Verbraucher verändern, müssen auch die Regeln mitziehen. Genau darum geht es im aktuellen Rechtsstreit, den Rechtsanwältin Marta Teker und Rechtsanwalt Peter Weiler vor dem Landgericht Kiel begleiten.

von Olivia Wykretowicz

Rechtsstreit Spirituosenverordnung Likör ohne Ei

Im Mittelpunkt steht die Hamburger Warlich Rum GmbH, die mit ihrem „Likör ohne Ei“ einen veganen Likör auf den Markt gebracht hat. Statt Sahne und Eigelb kommen Soja und andere pflanzliche Zutaten in die Flasche. Vegan, innovativ, nachhaltig. Und nun Anlass für einen gerichtlichen Streit. Der Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V. wirft dem Spirituosen-Start-up vor, mit der Bezeichnung „Likör ohne Ei“ unzulässig auf die Spirituose "Eierlikör" anzuspielen und damit gegen die EU-Spirituosenverordnung (EU) 2019/787 zu verstoßen.

Was zunächst absurd klingt, hat rechtliche Brisanz. Die Formulierung „Likör ohne Ei“ macht gerade deutlich, was nicht enthalten ist, und gibt Orientierung. Doch aus Sicht der Industrie zählt das nicht. Es muss daher die Frage beantwortet werden: Ist es schon verboten in der Werbung irgendeine gedankliche Verbindung mit einer geschützten Spirituose herzustellen oder soll der Verbraucher vor einer Irreführung geschützt werden? Die Verordnung gibt hierzu keine klare Richtung vor.

Cancel Culture in der Eierlikörszene?

Wie die ZEIT berichtete, ist der Fall kein Einzelfall. Mehrere kleine Hersteller pflanzlicher Alternativen sind bereits juristisch unter Druck geraten. Der Spirituosenverband hat nicht nur Warlich im Blick, sondern auch Marken wie „Veggly“ oder „Kein Eier Likör Vegan“. Dahinter stehen nicht nur rechtliche Fragen, sondern auch handfeste Marktinteressen. Im Vorstand des Schutzverband der Spirituosen-Industrie e.V. sitzt niemand geringeres als Branchenprimus Verpoorten, bekannt für seinen Eierlikör (mit Ei).

Signalwirkung für die Branche

Der Streit wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie können innovative Hersteller ihre Produkte so bewerben, dass Konsumenten sofort verstehen, was sie kaufen, ohne gegen EU-Vorgaben zu verstoßen? Schon heute sind Begriffe wie „Mandelmilch“ verboten, während „Käse-Alternative“ erlaubt ist. Der regulatorische Flickenteppich erschwert es Start-ups, sich am Markt zu behaupten.

Wir vertreten die Warlich Rum GmbH in diesem Verfahren, weil wir uns für mehr Freiheit in der Werbung für pflanzliche Alternativen einsetzen. Es geht hier nicht nur um einen einzelnen Likör, sondern um die Frage, ob Nachhaltigkeit und moderne Verbraucherinteressen auch im Lebensmittelrecht Platz haben.

Der Prozess findet große Aufmerksamkeit. Von Unterstützungsaktionen über Spendenkampagnen bis zu kreativ überarbeiteten Etiketten, etwa mit einer Hahnenfeder, die das „i“ von „Ei“ verdeckt, zeigt sich, wie groß das Interesse an fairen Wettbewerbsbedingungen ist.

Die Entscheidung des Landgerichts Kiel wird in einigen Wochen erwartet. Sie könnte ein wichtiges Signal für viele Hersteller pflanzlicher Alternativen setzen und darüber entscheiden, ob Innovationen am Markt eine faire Chance haben.

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