In unserem letzten Newsletter hatten wir darüber informiert, dass wir gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, unmittelbar nachdem der entsprechende Gesetzentwurf den Bundesrat passiert hatte, am 06.11.2015 beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingereicht haben.
- Datenschutzrecht
Unsere Verfassungsbeschwerde gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung – Wir informieren über den aktuellen Stand
von Carl Christian Müller
Nachdem das Gesetz am 17.12.2015 im Bundesgesetzblatt verkündet worden war und somit am 18.12.2015 in Kraft getreten ist, haben wir noch am gleichen Tag hiergegen Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Verfahren wird nach Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.12.2015 dort unter dem Aktenzeichen 1 BvR 3156/15 geführt. Mit dem von uns bereits zuvor eingeleiteten Eilverfahren, das beim Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvQ 42/15 geführt wird, wollen wir erreichen, dass die mit Inkrafttreten des Gesetzes unmittelbar bestehende Speicherverpflichtung der Telekommunikationsanbieter bis zur Entscheidung über die von uns erhobene Verfassungsbeschwerde ausgesetzt wird.
Mit einer Entscheidung ist in „allernächster Zeit“ zu rechnen
Nach telefonischer Auskunft des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tage ist mit einer Entscheidung über den Eilantrag in „allernächster Zeit“ zu rechnen. Nach uns haben einige Vertreter der FDP sowie der SPD-nahe Digitalverein D64 ebenfalls Verfassungsbeschwerden anhängig gemacht. Beide Beschwerden sind nach Auskunft des Bundesverfassungsgerichts verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Unsere Verfahren werden dagegen unter zwei selbständigen Aktenzeichen geführt. In der Sachentscheidung wird sich daraus aber kein Unterschied ergeben. Daneben sind offenbar einige Verfahren von Einzelpersonen anhängig. Jedenfalls einen Eilantrag hat das Bundesverfassungsgericht bereits mit kurzer Begründung abgelehnt, da das Vorbringen des dortigen Antragstellers nicht erkennen lasse, dass Nachteile, die mit dem Inkrafttreten des Gesetzes nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, die Nachteile, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten, in Ausmaß und Schwere deutlich überwiegen.
Berufsgeheimnisträger in besonderem Maße betroffen
Sowohl den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch die Verfassungsbeschwerde haben alle Rechtsanwälte unserer Kanzlei in eigenem Namen und aus eigener Rechtsbetroffenheit als Berufsgeheimnisträger eingereicht. Dieser Initiative haben sich darüber hinaus der Deutsche Medienverband (DMV) e.V. sowie der DJV Deutsche Journalisten-Verband, Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. angeschlossen. Darüber hinaus tritt eine Reihe von Journalisten, hier unter anderem auch die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner, die medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist und vormals als Journalistin beim ZDF tätig war, als Antragsteller und Beschwerdeführer auf. Daneben haben sich dem Antrag neun Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses aus verschiedenen Fraktionen angeschlossen. Einige von ihnen sind ebenfalls als Rechtsanwälte tätig und insofern auch als Berufsgeheimnisträger von der Vorratsdatenspeicherung betroffen. Darüber hinaus sehen sie hierdurch ihre Rechte als Abgeordnete verletzt. Zudem hat sich noch ein Kinderarzt der Verfassungsbeschwerde angeschlossen, der sich in dieser Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger ebenso in seinen Kommunikationsfreiheiten berührt sieht.
Wahrung der Kommunikationsfreiheiten
Den erneuten Versuch der Einführung einer Vorratsdatenspeicherung sehen wir als einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die grundrechtlich geschützten Kommunikationsfreiheiten aller Bürger, von dem die Berufsgeheimnisträger und deren Mandanten, Patienten, Informanten und Kommunikationspartner in besonderem Maße betroffen sind. Wir sehen die Verfassungsbeschwerde in der Tradition der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Kommunikationsfreiheiten. Das Bundesverfassungsgericht hat stets betont, dass diese schlechthin konstituierend für eine demokratische Grundordnung sind und dass der Datenschutz hiermit korrespondiert. Vor diesem Hintergrund kann die Vorratsdatenspeicherung keinen Bestand haben.