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Unterlassungsgebote können nicht durch Zensierung des untersagten Wortes umgangen werden

Negative Bezeichnungen zu Produkten, die mit Unterlassungsauflagen verboten sind, werden auch bei Zensur einzelner Buchstaben nicht unkenntlich gemacht. So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss am 23.09. 2021 (Az. 6 W 76/21).

von Carl Christian Müller

Indluencerin am Smartphone

OLG Frankfurt am Main: "B***" ist immernoch "Bullshit"

Influencerin wird zur mäßigeren Produktbewertung verurteilt

Einer deutschen Influencerin wurde es mit einstweiliger Verfügung untersagt, über die Produkte und Influencer einer bestimmten Marke mit „mehr Bullshit“ zu bezeichnen. Rund einen Monat später bewertete sie die Produkte diesmal mit den Worten „Mehr B********t“ und „Noch mehr B***“ erneut. Die Antragstellerin, zu deren Marke das Produkt gehört, führte aus, die angesprochene Zielgruppe wisse genau, dass hinter den zensierten Worten die Wertung „Bullshit“ stecke. Es handele sich also im Kern um dieselbe Aussage und somit eine Verletzung der einstweiligen Verfügung.

 

Menschliches Gehirn erkennt gewisse Worte trotz Zensur

Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist die Urteilsformel „mehr Bullshit“ inhaltlich bestimmt genug, denn auch der ursprüngliche Verstoß lautete „mehr Bullsh..“. Das Gericht beruft sich dabei auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum menschlichen Gehirn: Beim Lesen werden Anfangs- und Endbuchstaben jeden Wortes erfasst. Zwangsläufig kann so mangels Alternativen aus „Bullsh..“ nur „Bullshit“ gelesen werden.

 

Einstweilige Verfügung verpflichtet zur Überprüfung des gesamten Angebots

Die Influencerin kann sich auch nicht durch Nichtwissen aus der Affäre ziehen. Mit Zustellung der einstweiligen Verfügung hätte sie ihr gesamtes Angebot auf die sanktionierten Worte überprüfen und diese sodann entfernen müssen, so das Gericht. Im Endeffekt kostet dieser clevere Verstoß die Influencerin nun 500 EUR.

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