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Verkauf der Patientenkartei bei Praxisübernahme ist unzulässig

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt in seinem Beschluss vom 09.11.2021 klar, dass Verträge über den Verkauf einer Patientenkartei nichtig sind. Sie beeinträchtigen die Entscheidungsfreiheit der Patienten bei der Wahl des Arztes in unzulässiger Weise und verstoßen damit gegen berufsrechtliche Vorschriften (Beschluss vom 09.11.2021, Az. VIII ZR 362/19).

von Carl Christian Müller

Hand nimmt Akte aus Regal

BGH rückt Entscheidungsfreiheit der Patienten in den Mittelpunkt

Streit über die Wirksamkeit eines Kaufvertrags über den Patientenstamm

Die Betreiberin einer Zahnarztpraxis wollte ihre Praxis an einen in Regensburg niedergelassenen Zahnarzt verkaufen. Dabei schlossen die Beteiligten einen "Kaufvertrags über den Patientenstamm". Dieser beinhaltete den Verkauf der Patientenkartei der Praxis sowie die Weiterversorgung der Patienten durch den neuen Arzt. Konkret vereinbarten sie die Rufumleitung sowie die Internetumleitung auf die Domain des Käufers. Außerdem sollte der Käufer die Kartei samt Krankenunterlagen von der Betreiberin erwerben, sofern eine schriftliche Einwilligungserklärung der Patienten vorlag. Als Gegenleistung vereinbarten beide einen Kaufpreis in Höhe von 12.000 EUR. Die Betreiberin sollte zusätzlich die Patienten in einem Rundschreiben darüber informieren, dass sie ihre Tätigkeit aufgibt und die Praxis von einem anderen Arzt übernommen wird. Gleichzeitig verpflichtete sie sich, den neuen Arzt an ihre Patienten weiterzuempfehlen. Nachdem beide Parteien den Vertrag unterschrieben hatten, kamen der Betreiberin jedoch Zweifel daran, ob der Vertrag zulässig ist. Nachdem sie sich bei der Landeszahnärztekammer eine Auskunft einholte, weigerte sie sich, den Vertrag durchzuführen. Daraufhin verklagte der Käufer die Betreiberin auf Erfüllung des Vertrags.

 

Verstoß gegen gesetzliches Verbot

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied, dass der Kaufvertrag nichtig ist (Urteil vom 26.11.2019, Az. 6 U 713/19). Der Vertrag verstieß zum einen gegen § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte und erfüllte gleichzeitig den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a Nr. 3 StGB. Somit verstieß die Vereinbarung mehrfach gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB. Die vereinbarte salvatorische Klausel, wonach der Vertrag auch dann bestehen bleiben soll, wenn einzelne Bestimmungen unzulässig sind, änderte nichts an der Entscheidung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kaufvertrag über den Patientenstamm insgesamt als Unrechtsvereinbarung zu sehen ist und damit der gesamte Vertrag nichtig ist.

 

Patienten dürfen nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte zustimmend klar, dass die Berufsordnung es Zahnärzten verbietet, Patienten einem anderen Zahnarzt zuzuweisen und dafür eine Gegenleistung zu erhalten oder sich versprechen zu lassen. Der Arzt darf eine Zuweisung zu einem anderen Arzt ausschließlich aufgrund medizinischer Gründe im Interesse des Patienten vornehmen. Auch der Verkauf der Patientenkartei im Rahmen einer Praxisübernahme gegen ein Entgelt ist nach dieser Vorschrift unzulässig. Grundsätzlich gilt: Alle Vereinbarungen, die darauf abzielen die Patienten dahingehend zu beeinflussen sich von dem Vertragspartner behandeln zu lassen, sind nach der Berufsordnung unzulässig. Dazu zählen auch die Rufumleitung und die Internetumleitung auf die Domain sowie eine Weiterempfehlung des neuen Arztes. Damit verstößt ein Vertrag über den Verkauf eines Patientenstamms gegen das Verbot einer entgeltlichen Zuweisung gemäß § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für Bayerische Zahnärzte und ist damit nichtig.

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