VG Berlin: Piraten dürfen vor türkischer Botschaft demonstrieren

Die von der Piratenpartei angemeldete Demonstration darf vor der türkischen Botschaft stattfinden. Allerdings darf dabei das Gedicht „Schmähkritik“ von Jan Böhmermann weder gezeigt noch rezitiert werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

von Carl Christian Müller

Die Antragstellerin beabsichtigt unter dem Titel „Keine Macht dem Erdowahn – Freiheit statt Erdogan“ eine Versammlung vor dem Grundstück der türkischen Botschaft in Berlin-Tiergarten durchzuführen.

Für die Durchführung der Versammlung untersagte der Polizeipräsident als Versammlungsbehörde das öffentliche Zeigen und Rezitieren des Gedichts „Schmähkritik“ oder einzelner Textpassagen daraus. Ausgenommen davon war die bloße Namensnennung des Titels. Außerdem wurde der Ort der Kundgebung verlegt. Im April hatte die Polizei eine Versammlung der Piraten wegen des Zitierens einzelner Textpassagen aus dem Gedicht „Schmähkritik“ aufgelöst, nachdem eine entsprechende Auflage der Polizei, dies zu unterlassen, nicht beachtet worden war.

Das Verwaltungsgericht hat das Verbot, das Gedicht „Schmähkritik“ mit Ausnahme seines Titels anlässlich der geplanten Versammlung ganz oder passagenweise öffentlich zu zeigen oder zu rezitieren, bestätigt. Es spreche viel dafür, dass auch bei dieser Versammlung eine erneute Provokation versucht werden könnte. In welcher Weise das Gedicht zitiert werden soll, sei von der Antragstellerin nicht angegeben worden. Es sei daher zu befürchten, dass durch eine vollständige oder teilweise Wiedergabe des Gedichts der Tatbestand der Beleidigung erfüllt werde. Das Verwaltungsgericht hatte dabei erneut keine Aussage über die Strafbarkeit des Handelns von Herrn Böhmermann zu treffen.

Die Kundgebung darf allerdings an dem ursprünglich vorgesehenen Ort vor der türkischen Botschaft stattfinden. Die Versammlungsfreiheit schütze neben der freien Wahl von Art und Inhalt der Versammlung grundsätzlich auch die Bestimmung von Ort und Zeit der Kundgebung. Es sei nicht ersichtlich, dass zum Schutz des Friedens und der Würde der türkischen Botschaft eine Verlegung geboten sei.

Den Beteiligten steht gegen den Beschluss die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu.

Beschluss der 1. Kammer vom 6. Mai 2016 (VG 1 L 291.16)

Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 06.05.2016

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