VG Wiesbaden zur Vergabe von Sportwettenkonzessionen

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Beschluss vom 16.04.2014 dem Antrag eines Sportwettenanbieters aus Österreich stattgegeben, der im Eilverfahren die Sicherung seines Anspruchs auf weitere Teilnahme am Konzessionsverfahren für die Vergabe von 20 Sportwettenkonzessionen begehrte.

von Carl Christian Müller

Glücksspiele dürfen in Deutschland nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veran, staltet und vermittelt werden. Der Glücksspielstaatsvertrag, der am 01.07.2012 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass für 7 Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages Sport, wetten probeweise mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen. Insgesamt dürfen 20 Konzessionen bundesweit vergeben werden. Für die Erteilung der Konzessionen in einem ländereinheitlichen Verfahren für alle Bundesländer ist das Land Hessen zuständig, das bei der Aufgabenerfüllung von dem Glücksspielkollegium der Länder unterstützt wird. Die Ausschreibung im Konzessionsverfahren erfolgte am 08.08.2012 europaweit. Das Verfahren wurde in zwei aufeinanderfolgenden Phasen abgewickelt. In der 1. Stufe mussten die in der Ausschreibung Voraussetzungen erfüllt werden, in der 2. Stufe erhielten die Bewerber Gelegenheit, ihre Bewerbung zu ergänzen. Von den ursprünglich 73 Bewerbern um eine Konzession verblieben 35 Bewerber, die am 02.09.2014 die Mitteilung erhielten, dass die Konzessionserteilung an 20 ausgewählte Antragsteller am 18.09.2014 erfolgen solle. Aufgrund eines Eilantrags eines Bewerbers, der einen ablehnenden Bescheid erhalten hatte, gab die Kammer dem Land Hessen auf, das Konzessionsverfahren offen zu halten und zunächst keine Konzessionen zu erteilen (5 L 1428/14.WI).

Auch die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens erhielt am 02.09.2014 einen ablehnenden Bescheid, gegen den sie Klage erhob und um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchte.

Dieser Eilantrag hatte nun insoweit Erfolg, als das Land Hessen aufgrund ergebnisrelevanter Verfahrensfehler verpflichtet wird, der Antragstellerin die weitere Teilnahme an dem Konzessionsverfahren zu sichern und sie neu zu bescheiden.

Die Kammer urteilte, dass zwar der mehrstufige Aufbau des Auswahlverfahrens nicht zu beanstanden sei. Die Ausschreibung erfülle jedoch nicht die Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren, weil nicht alle Kriterien für die Konzessionierung im Voraus bekannt gewesen seien. Die Bewerber hätten weder aus der Ausschreibung noch aus dem Gesetzestext des Glücksspielstaatsvertrags voll umfänglich entnehmen können, was letztlich für eine erfolgreiche Bewerbung von ihnen gefordert werde. So sei ihnen mitgeteilt worden, dass alle Einzelheiten zu den Mindestanforderungen sowie zur Auswahl der Konzessionäre erst in einem Informationsmemorandum mitgeteilt würden, wenn sich die Bewerber für die 2. Stufe qualifiziert hätten. Auch die inhaltliche Gestaltung des Auswahlverfahrens verstoße gegen die Anforderungen an eine rechtmäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Während in der Ausschreibung die Anforderungen für die 1. Stufe des Verfahrens aufgelistet und auf verwendbare Formblätter verwiesen werde, würden für die Erfüllung der Mindestanforderungen auf der 2. Stufe 5 Konzepte genannt, die eingereicht werden müssten, ohne dass inhaltliche Anforderungen hieran und Maßstäbe für Ergänzungsverlangen genannt würden. Aus dem Glücksspielvertrag ergebe sich weder die Forderung von 5 Konzepten noch enthalte dieser Verfahrensregelungen. So zeige auch die Anzahl von 600 Fragen der Bewerber zur Klärung des Anforderungskatalogs zur 2. Stufe, dass die Anforderungen nicht von vornherein verständlich und transparent gewesen seien. Auch der Prüfungsablauf und die Entscheidungsfindung blieben bis zum Abschluss der Prüfung der Mindestanforderungen intransparent. So werde nicht offengelegt, welche Personen mit welcher Qualifikation im jeweiligen Prüfteam eingesetzt gewesen seien und wie eine durchgängige Beurteilung des für alle Bewerber gleichen Kriterienkatalogs durch jeweils dieselben Prüfer gewährleistet worden sei. Auch die Entscheidungsfindung im Glücksspielkollegium, dessen Beschlüsse für das Land Hessen bindend seien, sei intransparent und fehlerhaft. Zwar müssten die Beschlüsse dieses Gremiums begründet werden, in den entsprechenden Sitzungsniederschriften fänden sich jedoch keine Begründungen für deren Entscheidungen.

Um das Ziel der zeitweiligen Liberalisierung erreichen zu können, hätten im Hinblick auf die laufende und zeitlich beschränkte Experimentierphase im Voraus bestimmte Fristabschnitte festgelegt werden müssen, um das Behördenverfahren in einem absehbaren zeitlichen Rahmen zu halten. Wie der gesamte Verfahrensablauf zeige, hätten sich die einzelnen Bewerber weder auf Fristabläufe/Fristverlängerungen noch Nachforderungen oder Änderungen von Memoranden und neugestalteten Formblättern einstellen oder bei ihrer Bewerbung von vornherein mit einkalkulieren können.

Neben den Durchführungsmängeln bestünden auch konzeptionelle Defizite des Konzessionsverfahrens. Das bislang zur Rechtfertigung des Monopols und nunmehr zur Begründung der nur beschränkten Konzessionierung herangezogenen öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Spielsucht und der Lenkung des Spieltriebs in geordneten Bahnen sei das überragende Gemeinwohlziel. Entsprechend sei das Sozialkonzept von hervorgehobener Bedeutung, was in der konkreten Ausgestaltung nicht zum Ausdruck komme. Da die 7,jährige Experimentierphase nur dazu dienen könne, die Folgen und Auswirkungen der Teilliberalisierung des Glücksspielmarkts im Sportwettenbereich zu beobachten und zu bewerten, um Erkenntnis zu gewinnen, ob an diesem Modell festgehalten werden könne oder ob eine andere Lösung , etwa die Rückkehr zum staatlichen Monopolangebot, besser zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet sei, müsse aber die gesamte oder jedenfalls die überwiegende Zeit der Experimentierphase den Konzessionären zur Verfügung stehen und dürfe nicht auch dazu dienen, der Behörde ein Experimentieren, wie ein Konzessionsverfahren gestaltet und abgewickelt werden könne, zu ermöglichen.

Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat (Az.: 5 L 1448/14.WI).

Quelle: Pressemitteilung Verwaltungsgerichtshof Wiesbaden vom 17.04.15

Zurück zur Newsübersicht