• Gesellschaftsrecht

Freisprüche um die Vergütung von Volkswagen-Betriebsräten aufgehoben

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat am 10.01.2023 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28.09.2021 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Az. 6 StR 133/22).

von Carl Christian Müller

Frau blättert im Archiv in Akten

BGH hält Beweiserhebung für unzureichend

Vorstandsmitgliedern fehlt der Vorsatz

Das Landgericht Braunschweig hat die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen (Urteil vom 28.09.2021, Az. 16 KLs 406 Js 59398/16 (85/19)). Gegenstand des Urteils war die Gewährung von Arbeitsentgelten (Monatsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen. Hierdurch entstand der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro. Nach Ansicht des LG Braunschweig haben die Angeklagten durch die Umstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem "Managementkreis" vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich 80.000 Euro bis 560.000 Euro je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt. Ihnen fehle aber der erforderliche Vorsatz, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen.

 

BGH: Fragen zu Entgelten und Bonuszahlungen bleiben offen

Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Freisprüche aufgehoben. Zwar ist das Landgericht Braunschweig im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt. Die vom Landgericht Braunschweig hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügen aber nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen. Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das LG Braunschweig auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat. So ist dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in "Kostenstellen" und "Entgeltgruppen" galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere "Entgeltgruppen" sowie in die verschiedenen "Managementkreise" vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen.

Darüber hinaus weist auch die Beweiswürdigung des Landgerichts Braunschweig zum Vorsatz der Angeklagten einen Rechtsfehler auf. Sie ist lückenhaft, weil das Landgericht insoweit allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen in den Blick genommen, jedoch die ihnen über ihre Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen – die teilweise die Grundgehälter erheblich überstiegen – außer Betracht gelassen hat.

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 10. Januar 2023

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