• Datenschutzrecht

Nach Videoüberwachung von Mitarbeitern - notebooksbilliger.de muss achtstelliges Bußgeld zahlen

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen hat eine Geldbuße über 10,4 Millionen EUR gegenüber der notebooksbilliger.de AG ausgesprochen. Das Unternehmen hatte über mindestens zwei Jahre seine Beschäftigten per Video überwacht, ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage vorlag. Die unzulässigen Kameras erfassten unter anderem Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager und Aufenthaltsbereiche.

von Carl Christian Müller

Mann in Raum mit Videoüberwachung

Niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte geht gegen Laptop-Anbieter vor

Videoüberwachung nur bei konkretem Verdacht zulässig

Das Unternehmen hatte sich darauf berufen, dass es Ziel der installierten Videokameras gewesen sei, Straftaten zu verhindern und aufzuklären sowie den Warenfluss in den Lagern nachzuverfolgen. Zur Verhinderung von Diebstählen muss ein Unternehmen aber zunächst mildere Mittel als eine Überwachung per Videokamera prüfen (beispielsweise stichprobenartige Taschenkontrollen beim Verlassen der Betriebsstätte), erklärte die Datenschutzbehörde. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten sei zudem nur rechtmäßig, wenn sich ein begründeter Verdacht gegen konkrete Personen richtet. Ist dies der Fall, kann es zulässig sein, diese zeitlich begrenzt mit Kameras zu überwachen, führte die Behörde ferner aus. Bei notebooksbilliger.de war die Videoüberwachung aber weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt. Hinzu kam, dass die Aufzeichnungen in vielen Fällen 60 Tage gespeichert wurden und damit deutlich länger als erforderlich.

 

Generalverdacht gegenüber Mitarbeitern ist nicht ausreichend

„Wir haben es hier mit einem schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb zu tun“, sagt die LfD Niedersachsen, Barbara Thiel, „Unternehmen müssen verstehen, dass sie mit einer solch intensiven Videoüberwachung massiv gegen die Rechte ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstoßen“. Auch die immer wieder vorgebrachte, angeblich abschreckende Wirkung der Videoüberwachung rechtfertige keinen dauerhaften und anlasslosen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. „Wenn das so wäre, könnten Unternehmen die Überwachung grenzenlos ausdehnen. Die Beschäftigten müssen aber ihre Persönlichkeitsrechte nicht aufgeben, nur weil ihr Arbeitgeber sie unter Generalverdacht stellt“, so Thiel. „Videoüberwachung ist ein besonders intensiver Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, da damit theoretisch das gesamte Verhalten eines Menschen beobachtet und analysiert werden kann. Das kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dazu führen, dass die Betroffenen den Druck empfinden, sich möglichst unauffällig zu benehmen, um nicht wegen abweichender Verhaltensweisen kritisiert oder sanktioniert zu werden.“

 

Kunden waren ebenso durch Überwachung betroffen

Auch Kundinnen und Kunden von notebooksbilliger.de waren von der unzulässigen Videoüberwachung betroffen, da einige Kameras auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet waren, erklärte Thiel. In Bereichen, in denen sich Menschen typischerweise länger aufhalten, zum Beispiel um die angebotenen Geräte ausgiebig zu testen, hätten die datenschutzrechtlich Betroffenen hohe schutzwürdige Interessen. Das gelte besonders für Sitzbereiche, die offensichtlich zum längeren Verweilen einladen sollen. Deshalb sei die Videoüberwachung durch notebooksbilliger.de in diesen Fällen nicht verhältnismäßig, schloss die niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte.

 

Gemäß der DSGVO sind Bußgelder grundsätzlich bis 20 Millionen EUR zulässig

Die 10,4 Millionen Euro sind das bisher höchste Bußgeld, das die LfD Niedersachsen unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ausgesprochen hat. Die DS-GVO ermöglicht es den Aufsichtsbehörden, Geldbußen von bis zu 20 Millionen EUR oder bis zu 4 Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes eines Unternehmens zu verhängen – je nachdem, welcher Betrag höher ist. Das gegen notebooksbilliger.de ausgesprochene Bußgeld ist noch nicht rechtskräftig. Das Unternehmen hat seine Videoüberwachung mittlerweile rechtmäßig ausgestaltet und dies der LfD Niedersachsen nachgewiesen.

Derart hohe Bußgelder hat bislang der Hamburger Datenschutzbeauftrage gegenüber H&M (35 Millionen EUR) und der Bundesdatenschutzbeauftragte gegenüber dem Telekommunikationsanbieter 1&1 (9,55 Millionen EUR) verhängt. Teilweise hielten diese Summen einer gerichtlichen Prüfung nicht stand, so setzte das Landgericht Bonn das Bußgeld gegen den Telekommunikationsanbieter von den veranschlagten 9,55 Millionen EUR auf 900 000 EUR herab (Urteil vom 11.11.2020, Az. 29 OWi 1/20).

 

Quelle: Pressemitteilung der LfD vom 8. Januar 2021

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