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Verfassungsschutz darf AfD als Verdachtsfall einstufen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die Alternative für Deutschland (AfD) als so genannten Verdachtsfall einstufen. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln am 08.03.22 nach knapp zehnstündiger mündlicher Verhandlung entschieden und damit eine Klage der AfD gegen die Bundesrepublik Deutschland abgewiesen (Az. 1. 13 K 326/21). Es gebe ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei, führte das Gericht zur Begründung aus.

von Carl Christian Müller

Mann im Anzug vor dem Richtertisch

Öffentlich Bekanntgabe ist zulässig

AfD vergleicht Einstufung als Verdachtsfall mit Parteiverbot

Die AfD wandte sich dagegen, vom BfV als Verdachtsfall eingestuft zu werden. Ferner wollte sie verhindern, dass das BfV eine solche Einstufung öffentlich mitteilt. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, eine solche Einstufung komme in ihrer Wirkung einem Parteiverbot gleich, weshalb auch die für ein solches Verbot geltenden Maßstäbe anzulegen seien. Auch fehle es an tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei. Der so genannte Flügel habe sich bereits 2020 aufgelöst. Die Partei propagiere keinen ethnischen Volksbegriff. Im Übrigen fehle es an Erklärungen, die Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei lieferten. Gegebenenfalls auch polemische Kritik einer Oppositionspartei gegenüber den übrigen Parteien oder der Bundesregierung sei nicht sogleich Kritik am parlamentarischen Regierungssystem. Zudem habe sich das BfV von sachfremden Erwägungen leiten lassen und handele politisch.

 

VG Köln: Ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen

Dem ist das VG Köln im Ergebnis nicht gefolgt. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter der zuständigen 13. Kammer aus: Es lägen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD vor. Dies habe das BfV in Gutachten und den dazugehörigen Materialsammlungen unter Kontextualisierung der als relevant erachteten Aussagen belegt. Dem habe die AfD lediglich pauschales Bestreiten entgegengesetzt. Die Einschätzung des BfV beruhe auf einer nicht zu beanstandenden Gesamtbetrachtung. In diese seien zum einen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem so genannten Flügel einbezogen worden. Dieser sei zwar formal aufgelöst worden. Seine Protagonisten übten aber teils weiter maßgeblichen Einfluss innerhalb der Partei aus. Zum zweiten seien Aktivitäten in der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) in die Bewertung eingeflossen. Sowohl im Flügel als auch in der JA sei ein ethnisch verstandener Volksbegriff ein zentrales Politikziel. Danach müsse das deutsche Volk in seinem ethnischen Bestand erhalten und sollten „Fremde“ möglichst ausgeschlossen werden. Dies weiche vom Volksbegriff des Grundgesetzes ab. Es gebe Verlautbarungen, in denen „Umvolkungs-“ und „Volkstod-“Vorwürfe erhoben würden. Ferner sei eine ausländerfeindliche Agitation zu erkennen („Messer-Migranten“). Drittens rechtfertige auch eine Betrachtung der Partei im Übrigen ihre Einstufung als Verdachtsfall. Diese befinde sich in einem Richtungsstreit, bei dem sich die verfassungsfeindlichen Bestrebungen durchsetzen könnten. Nicht erforderlich sei für eine Einstufung als Verdachtsfall, dass eine Partei von einer verfassungsfeindlichen Grundtendenz beherrscht werde.

Das Bundesamt dürfe die Einstufung als Verdachtsfall auch öffentlich mitteilen, um eine politische Auseinandersetzung zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung des VG Köln vom 8. März 2022

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