• Wettbewerbsrecht

"Tina Turner Tribute Show" darf nicht den Eindruck erwecken, das prominente Original unterstütze die Show

Der Bundesgerichtshof hat am 24.02.2022 über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen für eine Show, in der die Lieder einer weltberühmten Sängerin nachgesungen werden, mit dem Namen der Sängerin und der Abbildung einer in der Show auftretenden Doppelgängerin geworben werden darf (AZ I ZR 2/21).

von Carl Christian Müller

Aldwich Theater

Werbung für Tina Turner Show unzulässig

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen für eine Show, in der die Lieder einer weltberühmten Sängerin nachgesungen werden, mit dem Namen der Sängerin und der Abbildung einer in der Show auftretenden Doppelgängerin geworben werden darf.

 

Tina Turner klagt an

Die unter dem Künstlernamen Tina Turner auftretende Klägerin ist eine weltberühmte Sängerin. Die Beklagte ist die Produzentin einer Show, in der die Sängerin F. auftritt und die größten Hits der Klägerin präsentiert. Die Beklagte warb mit Plakaten, auf denen F. abgebildet und die Show mit den Worten "SIMPLY THE BEST - DIE tina turner STORY" angekündigt wird. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen F. und ihr sowie des genannten Texts davon ausgehe, sie selbst sei auf den Plakaten abgebildet und an der Show beteiligt. Die Klägerin hatte weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

 

Landgericht Köln und Oberlandesgericht Köln vorher uneins

Das Landgericht Köln hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Köln die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stünden keine Unterlassungsansprüche zu. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

 

Darstellung durch andere ist Eingriff in das Recht am eigenen Bild

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild und am eigenen Namen der Klägerin eingegriffen hat. Wird eine Person durch eine andere Person - beispielsweise einen Schauspieler - dargestellt, liegt ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild vor, wenn aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die beanstandete Werbung den Eindruck erweckt, auf den Plakaten sei die Klägerin abgebildet.

Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht die Verwendung des Bildnisses der Klägerin auf den streitgegenständlichen Plakaten der Beklagten als nach §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Kunsturhebergesetz (KUG) erlaubt angesehen.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG bereits deswegen nicht zu Gunsten der Beklagten eingreifen könne, weil das in Rede stehende Bildnis auf Bestellung angefertigt worden sei. Ist die tatsächlich abgebildete Person nicht identisch mit der Person, die aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums (vermeintlich) abgebildet ist, kann allenfalls die tatsächlich, nicht aber die vermeintlich abgebildete Person gegen die Verwendung der Abbildung einwenden, dass sie auf Bestellung angefertigt worden sei.

Der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte ein Bildnis der Klägerin zur Bewerbung einer anderen Kunstform - hier einer Tribute-Show - eingesetzt hat. Vor dem Hintergrund des weiten Schutzbereichs der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG ist dies vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst.

 

Werbung für Tribute-Show grundlegend von Kunstfreiheit gedeckt - mit Ausnahmen

Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele sich um die prominente Sängerin selbst, ist grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des prominenten Originals ist mit der Werbung für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit. Das Berufungsgericht ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass den Plakaten der Beklagten nicht die unwahre Tatsachenbehauptung zu entnehmen ist, die Klägerin unterstütze die Show der Beklagten oder wirke sogar an ihr mit. Die Plakate enthalten keine ausdrückliche Aussage darüber und sind auch nicht in diesem Sinne mehrdeutig.

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 24.02.2022

 

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