Ein Rundfunkveranstalter verstößt gegen das Schleichwerbungsverbot des Rundfunkstaatsvertrags, wenn in einer von ihm ausgestrahlten Sendung nicht als solche gekennzeichnete Werbung enthalten ist und hierfür keine Rechtfertigung durch den Zweck der Sendung besteht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
BVerwG: Schleichwerbung bei Sport 1 zu Recht beanstandet
von Carl Christian Müller
Die Klägerin verbreitet das Fernsehprogramm Sport 1. Sie strahlte eine Sendung aus, in der professionelle Pokerspieler Tipps und Tricks preisgaben. Es handelte sich um einen ursprünglich für den amerikanischen Markt hergestellten, von der Klägerin in Lizenz erworbenen und mit einer deutschen Tonspur versehenen Titel. In der Sendung war das Logo eines Anbieters von Poker im Internet in nahezu jeder Einstellung zu sehen, zum Beispiel auf einem großen Bildschirm zwischen zwei das Spielgeschehen kommentierenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in erklärenden Animationen, auf Spielkartenrückseiten und auf Tafeln der Studiodekoration. Die beklagte Bayerische Landeszentrale für neue Medien beanstandete die Sendung wegen Verstoßes gegen das Schleichwerbungsverbot. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage gegen den Beanstandungsbescheid abgewiesen, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Durch die in die Sendung integrierten Darstellungen des Logos wurde in objektiv werbegeeigneter Weise auf die Dienstleistungen des Pokeranbieters hingewiesen. Die Klägerin hat die Sendung auch absichtlich zu Werbezwecken ausgestrahlt. Auf die Werbeabsicht als subjektives Tatbestandsmerkmal der Schleichwerbung kann bei einem Rundfunkveranstalter dann geschlossen werden, wenn die werbegeeigneten Darstellungen in einer von ihm ausgestrahlten Sendung nicht durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt sind. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung festgestellt werden. Diese Abwägung hat das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte redaktionelle Konzept des Rundfunkveranstalters in den Blick zu nehmen und an dem vom Gesetzgeber mit dem Schleichwerbungsverbot bezweckten Schutz der Zuschauer vor Irreführung über die Bedeutung des Sendegeschehens zu messen. Nach diesem Maßstab bestand kein redaktionell gerechtfertigtes Bedürfnis dafür, in die von der Klägerin ausgestrahlte Inszenierung mit Tipps zur Vervollkommnung des Pokerspiels werbende Aussagen in der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Intensität aufzunehmen. Wegen ihrer nicht gekennzeichneten Integration in die Sendung waren diese werbenden Aussagen zur Irreführung der Zuschauer über den Zweck der Sendung geeignet.
BVerwG 6 C 9.15 - Urteil vom 22. Juni 2016
Vorinstanzen:
VGH München 7 B 14.1605 - Urteil vom 09. März 2015
VG München M 17 K 11.6090 - Urteil vom 13. Juni 2013
Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.06.2016