Bei dem Begriff „Shitstorm“ handelt es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Nur wenige negative Bewertungen reichen nicht aus, um sie als „riesigen Shitstorm“ zusammenzufassen. Da es lediglich zu wenigen kritischen Einzelstimmen gekommen war, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit am 27.05.2021 veröffentlichtem Beschluss einem Presseorgan die Äußerung, dass die Antragstellerin einen „riesigen Shitstorm geerntet“ habe, untersagt (Az. 16 W 8/21).
- Medienrecht
„Riesigen Shitstorm geerntet“ ist überprüfbare Tatsachenbehauptung
von Carl Christian Müller
OLG Frankfurt untersagt Presseorgan eine Aussage
Sängerin kommentiert Instagram-Post
Die Antragstellerin ist Sängerin und Gründungsmitglied einer Band. Die Antragsgegnerin ist verantwortlich für die Inhalte einer Presseinternetseite. Sie berichtete in einem Artikel über einen ehemaligen Bandkollegen der Antragstellerin, der „in seiner Erinnerungskiste“ gekramt und Videos der Antragstellerin gefunden hatte. Diese hatte er auch auf seinem Instagram-Account thematisiert. Die Antragstellerin hatten den Post mit den Worten: „Kennst du die Choreo noch ganz? Krieg die nicht mehr zusammen!!! Mann mann mann, Demenz“ kommentiert. In dem Artikel der Antragsgegnerin heißt es u.a. dazu:
„Auch seine ehemalige Bandkollegin ... kommentiert, spricht von Demenz und erntet einen riesigen Shitstorm“.
Wenige negative Bewertungen sind kein „Shitstorm“
Die Antragstellerin wendet sich u.a. gegen diese Äußerung. Das Landgericht Frankfurt am Main hat den auf Unterlassung gerichteten Eilantrag zurückgewiesen (Beschluss vom 20.1.2021, Az. 2/3 O 1/21). Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG Frankfurt teilweise Erfolg. In der Äußerung, dass die Antragstellerin einen riesigen Shitstorm geerntet habe, liege eine unwahre Tatsachenbehauptung. Bei dem Begriff „Shitstorm“ handele es sich nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Lesers um einen Sturm der Entrüstung. Wenige negative Bewertungen reichten nicht aus, um sie als „riesigen Shitstorm“ zusammenzufassen. Hier habe sich zwar ein User kritisch geäußert; zudem gebe es einen kritischen Bericht auf einem anderweitigen Portal nebst Kommentar. Darin erschöpften sich indes die negativen Reaktionen, abgesehen von einem weinenden und zwei erstaunten Smileys, deren Konnotation allerdings nicht zweifelsfrei zugeordnet werden könne.
Auch wenn die Äußerung der Antragstellerin unüberlegt gewesen sei, lasse sich die geschilderte Reaktion im Netz, die sich auf wenige Stimmen erstrecke, nicht als „Shitstorm“ oder gar „riesigen Shitstorm“ bezeichnen. Darunter verstehe der Leser eine Reaktion ganz anderen Ausmaßes.
Die im Eilverfahren ergangenen Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 27. Mai 2021