Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die als Verein verfasste Identitäre Bewegung Deutschland als sog. Verdachtsfall einstufen und ggfs. auch als gesichert rechtsextremistische Bewegung behandeln. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln am 13.10.2022 entschieden und damit eine Klage des Vereins abgewiesen (Az. 13 K 4222/18).
Verfassungsschutz darf Identitäre Bewegung Deutschland beobachten
von Carl Christian Müller
VG Köln: BfV darf Bewegung als Verdachtsfall einstufen
Vereinszweck: Erhaltung "deutscher Identität"
Der Vereinszweck des Klägers ist auf die Erhaltung und Förderung der Identität des deutschen Volkes als eine eigenständige unter den Identitäten der anderen Völker der Welt gerichtet. Dieses Ziel will er durch Einflussnahme auf die politische Willensbildung des deutschen Volkes erreichen. Dazu führt er Vorträge, Demonstrationen und ähnliche Aktionen durch und verfasst Aufrufe, z.B. an Medien und Parteien. Im August 2016 teilte das BfV mit, dass es den Verein als Verdachtsfall beobachte. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 führte das BfV aus, dass beim Kläger Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vorlägen.
Verein hält „Ethnokultur“ nicht für rechtsextremistisch
Mit seiner Klage wandte sich der Verein gegen die Beobachtung als Verdachtsfall und die öffentliche Bezeichnung als (rechts-)extremistisch. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, dass sein Konzept der „ethnokulturellen Identität“ der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht widerspreche. Er behandle deutsche Staatsangehörige nicht nach ethnischen Gesichtspunkten ungleich. Vielmehr akzeptiere er die bereits eingetretenen Veränderungen des deutschen Staatsvolkes, fordere aber den Erhalt seiner jetzt gegebenen ethnokulturellen Identität.
VG Köln: Volksbegriff ist mit dem Grundgesetz unvereinbar
Dem ist das Gericht nicht gefolgt: Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung liegen vor. Mit dem Konzept der „ethnokulturellen Identität“ verfolgt der Verein den Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand und den Ausschluss ethnisch Fremder. Diese Vorstellung ist mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes unvereinbar, der allein an die Staatsangehörigkeit anknüpft. Darüber hinaus kommt in der massiven ausländerfeindlichen Agitation des Klägers eine Missachtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte zum Ausdruck, insbesondere der Menschenwürde und des Diskriminierungsverbots. Aussagen wie „Remigration“, „Bevölkerungsaustausch stoppen“ und „Reconquista“ sind ausländer- und islamfeindlich.
Gegen das Urteil können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.
Quelle: Pressemitteilung vom VG Köln vom 13. Oktober 2022