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VerfGH Berlin: Kein Unterlassungsanspruch gegen Twitter-Nachricht von Bürgermeister Müller

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat heute sein Urteil in einem vom Berliner Landesverband der AfD angestrengten Organstreitverfahren verkündet. Der Antrag der AfD richtete sich gegen eine Twitter-Nachricht des Regierenden Bürgermeisters. Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag zurückgewiesen.

von Carl Christian Müller

Schild AFD

Müller - AfD 1:0

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 27. Mai 2018 fand in Berlin eine vom Bundesverband der AfD angemeldete Demonstration zum Thema „Zukunft Deutschland“ statt, die um 15:16 Uhr beendet war.

Anlässlich dieser Demonstration wurden am selben Tag zahlreiche weitere Demonstrationen durchgeführt.

Gegen 17:30 Uhr verbreitete der Regierende Bürgermeister folgende Nachricht über Twitter:

"Zehntausende in #Berlin heute auf der Straße, vor dem #BrandenburgerTor und auf dem Wasser. Was für ein eindrucksvolles Signal für Demokratie und 'Freiheit, gegen Rassismus und menschfeindliche Hetze". 


Die Antragstellerin machte vor dem Verfassungsgerichtshof geltend, der Regierende Bürgermeister habe mit dieser Nachricht ihr Recht auf Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb aus Art. 21 GG verletzt.

Aus diesem Recht folge, dass Inhaber eines Regierungsamtes bei Äußerungen in amtlicher Funktion zur Neutralität verpflichtet seien. Sie dürften daher nicht einseitig parteiergreifend zulasten einzelner politischer Parteien Stellung nehmen. Ihnen sei insbesondere verwehrt, aus Anlass einer politischen Kundgebung negative Werturteile über die veranstaltende Partei abzugeben. Ein solcher Fall liege vor. Der Regierende Bürgermeister habe für die Verbreitung der Nachricht seinen offiziellen Twitteraccount verwendet und sich damit in seiner amtlichen Funktion geäußert. Daher gelte das Neutralitätsgebot. Die Nachricht verstoße gegen dieses Gebot, weil sie eine positive Bewertung der Gegendemonstrationen enthalte. Damit werde zugleich die AfD kritisiert.

Der Verfassungsgerichtshof ist der Argumentation der Antragstellerin nicht gefolgt. Zwar hat der Antragsgegner, indem er die Nachricht über den Twitter-Account des Regierenden Bürgermeisters verbreitet hat, in amtlicher Funktion gehandelt. Er war daher dem Neutralitätsgebot unterworfen. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes fehlte der Nachricht jedoch der für die Annahme eines Eingriffs in das Recht auf Chancengleichheit erforderliche Bezug zur Antragstellerin.

Aus dem Wortlaut der Nachricht ergab sich nichts, was auf die Antragstellerin als Bezugspunkt der Nachricht hindeutete. Sie enthielt weder eine Kollektivbezeichnung, die für die AfD stehen könnte, noch sonst irgendeine sprachliche Anspielung auf diese. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ergab sich dieser Bezug auch nicht aus dem Kontext des Demonstrationsgeschehens.

Denn dass neben den in der Nachricht in Bezug genommenen Demonstrationen eine Kundgebung der AfD stattfand, ging aus der Nachricht selbst nicht hervor. Dieser Zusammenhang setzte vielmehr Wissen aus anderen Quellen voraus, das bei dem maßgeblichen objektiven Empfänger der Twitter-Nachricht nicht ohne weiteres unterstellt werden konnte. Zudem beschränkte sich der Regierende Bürgermeister in seiner Nachricht darauf, sich mit allgemeinen Wertebekenntnissen von Demonstranten zu solidarisieren. Der Unterstützung einer spezifischen Kritik an der AfD enthielt er sich in seiner Nachricht.

Darüber hinaus berücksichtigte der Verfassungsgerichtshof, dass mit der Nachricht, die sich unter anderem gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze wendet, Grundpositionen der Regierungsarbeit angesprochen wurden, die zum Wesensgehalt des Grundrechtsteils der Verfassung gehören und dem Parteienstreit daher entzogen sind. Soweit die Antragstellerin von der Nachricht aufgrund ihres Kontextes mittelbar betroffen war, handelte es sich um einen bloßen Reflex des wertebezogenen Inhalts der Äußerung, dem die Eingriffsqualität fehlte.

Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Urteil vom 20. Februar 2019 – VerfGH 80/18 -

Quelle: Pressemitteilung des VerfGH Berlin v. 20.02.2019

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